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"Notfalls verpflichtend" – Friedrich Merz will Altersvorsorge überholen

swaine1988
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Autor: RT deutsch
Quelle: https://deutsch.rt.com/inland/...
2020-01-18, Ansichten 735
"Notfalls verpflichtend" – Friedrich Merz will Altersvorsorge überholen

Der Lobbyist und CDU-Politiker Friedrich Merz wirbt weiter für eine "Generalüberholung der Altersvorsorge". Ein Blick nach Frankreich zeigt, welche gesellschaftlichen Prozesse eine derartige Politik mit sich bringen kann. Weitere Folgen haben Studien längst aufgezeigt.

Immer mehr Rentner in allen Teilen Deutschlands leben in prekären Verhältnissen. Die zunehmend unübersehbar erbärmliche Situation älterer Menschen, die teils jahrzehntelang hart gearbeitet haben, sorgt für Empörung und weit verbreitete Zukunftsangst. Und es ist mehr als nur ein Gefühl, droht doch bereits in den nächsten zwanzig Jahren jedem fünften Senioren hierzulande Armut im Alter, trotz privater oder gesetzlicher Vorsorge. Im vergangenen Jahr ist die Nutzung von Tafeln unter Rentnern besonders drastisch angestiegen.

Entsprechend haben auch jene, die von der Armut und der Angst davor profitieren könnten, das Thema längst erkannt und positionieren sich als effektive Problemlöser. So nutzt Friedrich Merz, als "CDU-Finanzexperte" seine öffentliche Position als Vizepräsident des Wirtschaftsrates der CDU e.V. und Berater von Partechefin Annegret Kramp-Karrenbauer und rührt immer wieder die Werbetrommel für eine Generalüberholung der Altersvorsorge, hin zu einem Ideal, das längst für gescheitert erklärt wurde: der privaten Anlage in Aktien.

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Mit Merz betriebliche Altersvorsorge verpflichtend

Erst am Dienstag hat Merz in einem Reuters-Fernsehinterview eine Generalüberholung der Altersvorsorge in Deutschland gefordert. Zwar sei im Jahr 2017 das Betriebsrentenrecht geändert worden. Aber dieses werde von den Unternehmen überhaupt nicht in Anspruch genommen, obwohl es eine betriebliche Altersvorsorge als reine Beitragszusage und ohne Kapitalgarantie der Arbeitgeber ermögliche.

Ich habe mittlerweile große Sympathie dafür zu sagen: Das muss auch gesetzlich verpflichtend geregelt werden, vielleicht über allgemein verbindliche Tarifverträge", so Merz.

 Wenn das nicht funktioniere, müsse eine "zusätzliche betriebliche Altersversorgung als Ultima ratio auch gesetzlich verpflichtend" gemacht werden. Auch den Vorstoß der CSU-Landesgruppe, dass der Staat für Jugendliche ein finanzielles Rentenpolster aufbauen sollte, befürwortete Merz.

Es ist uns allen klar, dass die gesetzliche Rentenversicherung in Zukunft nur eine Basisabsicherung sein kann. Sie wird den Lebensstandard im Alter nicht sichern", so seine Warnung, die so auch des Öfteren aus dem Finanzsektor zu vernehmen ist.

Gleichzeitig übte Merz scharfe Kritik an den Plänen von Finanzminister Scholz (SPD) für eine Finanztransaktionssteuer, da eine solche die Bemühungen um mehr Aktienbesitz in Deutschland konterkariere. Vielmehr müsse Deutschland zur privaten Altersvorsorge gerade den Aktienbesitz fördern. Seiner Ansicht nach gebe es hierzulande für private Haushalte zu wenig Zugang zum Kapitalmarkt.

Kanzlerkandidat der Superreichen

Während der CDU-Finanzpolitiker selbst der K-Frage in diesem Interview auswich, wird er nicht nur in den eigenen Reihen und insbesondere bei der Jungen Union, sondern auch von Liberalen als Kanzlerkandidat der Union beworben, so an diesem Mittwoch im ntv Frühstart von FDP-Vize Wolfgang Kubicki.

Doch Merz ist nicht nur Unions-Politiker und Welt-Kolumnist oder einzig für das Wohl der Gesellschaft verantwortlicher Volksvertreter. Nach seiner gescheiterten Bewerbung um den CDU-Parteivorsitz ist der Sauerländer auch wieder Aufsichtsratschef der Deutschland-Tochter von BlackRock, dem größten Vermögensverwalter der Welt, der sich mit ethischen oder sozialen Fragen nur so lange aufhält, wie sie durch das Gedächtnis relevanter Anleger zu Einbußen führen oder den eigenen Interessen zugute kommen könnten.

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Das Finanzkapital, für das Merz als Lobbyist agiert, braucht neue Märkte und hat die Altersvorsorge seit Langem in Visier, nicht nur in Deutschland. Im Nachbarland Frankreich toben seit einiger Zeit Proteste gegen die geplanten Reformen des Rentensystems, die offiziell eine Vereinfachung bringen sollen. Das vorgebliche Vorhaben, ein einheitliches Rentensystem für alle Berufe zu schaffen, wird auch von der Gewerkschaft CFDT unterstützt. Allerdings läuft es vielmehr auf neoliberal geprägte Umstrukturierungen hinaus, die vor allem Finanzkonzernen zugutekämen, indem sie ihnen Zugang zum Rentenmarkt verschaffen. So sollen die Ersparnisse der Beschäftigten in Rentenfonds fließen, die das erarbeitete Geld auf dem Kapitalmarkt anlegen. Dies verwundert umso weniger, als es offenbar Vertreter ebenjener Vermögensverwalter waren, die diese Reformen mitgestaltet haben.

Der Autor und ehemalige Gewerkschaftssekretär Marco Wenzel beschreibt dieses vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron unterstützte Vorhaben als "verantwortungslos", schließlich könnten angesichts der niedrigen Zinsen derzeit höchstens durch Spekulationenauf dem Aktienmarkt Gewinne erzielt werden. Deren Risiken trügen allein die Rentner, während Aktionäre und Finanzgiganten vomkapitalgedeckten System profitierten.

Auch in Frankreich ist die Firma von Larry Fink [BlackRock] Großaktionär bei fast allen großen Gesellschaften, überall steckt, mit geliehenem Geld, Kapital von BlackRock drin, bei Airbus, Renault, L'Oréal, Total, Paribas, AXA usw. Aber das Geld der französischen Sparer liegt meist noch auf Sparbüchern, und an dieses Geld will BlackRock ran.

Im Rahmen der mit Beginn des Jahres in Kraft getretenen Maßnahmen des PACT-Gesetzes ("Aktionsplans zum Wachstum und zur Transformation der Unternehmen") gibt es für ausländische Investoren in Frankreich "besseren Zugang zu Altersersparnissen", betroffen sind davon das Alterssparen, das Arbeitnehmersparen und die Lebensversicherung.

Macrons Politik der Privatisierungen, Steuersenkungen und Kürzungen von Sozialleistungen kommt laut Umfragen seiner Opponentin Marine Le Pen zugute. Während die Regierung in Paris jüngst hinsichtlich des Rentenalters einlenkte, bleibt sie gegenüber den Forderungen der Menschen und Gewerkschaften nach einer vollständigen Rücknahme der Reformpläne hart.

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Die in Deutschland von Friedrich Merz propagierte "Kultur des Aktiensparens" legte Fink bereits vor drei Jahren in seiner Vision der Altersvorsorge öffentlich dar und den europäischen Entscheidungsträgern nahe. Demnach sollten die Bürger vom Gesetzgeber motiviert werden, in Aktien zu investieren, unter anderem, indem andere Anlageformen nicht mehr abgesichert werden.

Wie derzeit Merz argumentierte Fink damals, dass die Menschen in Europa und "ganz besonders in Deutschland übermäßig abhängig von den staatlichen Renten" sind, die aber zu gering sind, um ein Auskommen für längere Leben zu schaffen. Wenig überraschend erklärte der BlackRock-Chef die private Altersvorsorge vor diesem Hintergrund als "unterentwickelt", sodass die europäischen Regierungen zusammen mit den Unternehmen eine andere Strategie verfolgen müssten. Auch ist es laut Fink hinderlich für die Motivation zur privaten Aktienanlage, wenn alternative Altersvorsorgeprodukte wie zum Beispiel Kapitallebensversicherungen mit einer gesetzlich garantierten Mindestverzinsung versehen sind.

Dank der offenbar hervorragenden Positionierung von BlackRock im Brüsseler Lobbygeflecht fanden diese Positionen direkten Eingang in EU-Gesetzesentwürfe zur Altersvorsorge. So hat das von Finanzkommissar Valdis Dombrovskis persönlich vorgebrachte Altersvorsorgemodell Pan-European Personal Pension (PEPP) unter anderem die von BlackRock bevorzugten Vorschläge übernommen, ganz ohne Mindestzins oder gesetzliche Garantie auf das angesparte Kapital auszukommen und stattdessen auf Qualitätssiegel zu setzen, die Unternehmen wie BlackRock europaweit zur Vermarktung seiner Produkte dienen.

Laut Recherchen von Investigate Europe hat es zwischen den Vertretern und Agenturen BlackRocks und Dombrovskis sowie seinem Kabinettschef Jan Ceyssens mehrere Treffen gegeben, was dazu geführt haben könnte, dass BlackRocks Argumentationslinien zur Unterstützung der privaten Altersvorsorge sogar direkt von Dombrosvskis übernommen wurden.

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Ein im Jahr 2018 veröffentlichter Bericht ("Reversing Pension Privatizations: Rebuilding public pension systems in Eastern Europe and Latin America") der Internationalen Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (ILO) kam in Fallstudien in 15 Ländern zu dem Schluss, dass eine privatisierte Altersvorsorge in der Praxis ausnahmslos mit steigender Altersarmut sowie mit hohen Gewinnen für große Finanzinstitute einhergeht.

Doch die von Merz trotz aller bekannten Risiken weiterhin präferierte Herangehensweise an die Verteilung öffentlicher Gelder lässt sich unschwer aus seinen früheren Positionen und Funktionen ableiten. Nach der Niederlage bei der Wahl des CDU-Vorsitzenden hatte Merz sich dafür beworben, "an geeigneter Stelle daran mitzuwirken, dass wirtschaftsliberale und wertkonservative Inhalte stärker in die CDU eingebracht werden".

Bedürftigkeit – eine Frage der Dimensionen

Im Streit mit der SPD um eine Grundrente hatte der Lobbyist, der die Leistung der Bundesregierung als "grottenschlecht" beschimpfte, seine Partei zu Härte aufgerufen. Ohne Bedürftigkeitsprüfung sei sie für die Union nicht akzeptabel; demzufolge dürfen öffentliche Gelder, auch vergleichsweise sehr geringe Summen, nur an jene fließen, die bedürftig sind.

Während im Jahr 2018 jede zweite Altersrente in Deutschland unter 900 Euro lag, konnte BlackRock jüngst sein verwaltetes Gesamtvermögen auf den Rekordwert von 7,43 Billionen US-Dollar steigern und hat sich womöglich auch am größten Steuerskandal der deutschen Geschichte bereichert. Bei "Cum-Ex" haben Finanzinstitute und Millionäre den Staat über Jahre gleich um Milliardensummen geprellt, die niemals eingezahlt wurden. Dabei wurden Aktien wie bei einem Taschenspielertrick hin- und hergeschoben, sodass dem Fiskus der Blick für die tatsächlichen Ausschüttungsansprüche verloren ging und die Betrüger Kapitalertragsteuern von Finanzämtern erhielten, die nie gezahlt worden waren. Auch bei BlackRock hatte es Ermittlungen zu Cum-Ex-Geschäften gegeben, die allerdings den Zeitraum betroffen haben sollen, als Merz noch nicht für den Vermögensverwalter tätig war. Auch wenn die juristische Aufarbeitung des Cum-Ex-Steuermissbrauchs nunmehr zu verjähren droht, gibt der Umgang damit nachhaltigen Aufschluss über den sozialen Radar der involvierten Akteure.

Während der CDU-Wirtschaftsexperte selbst im Cum-Cum- und Cum-Ex-Skandal, dem größten Steuerbetrug der Geschichte der Bundesrepublik, wohl nicht in seiner Tätigkeit für den US-Investmentgiganten BackRock involviert war, verhält sich dies hinsichtlich seiner Tätigkeit beispielsweise für das Bankhaus HSBC Trinkaus & Burkhardt womöglich anders, saß Merz doch in den die Ermittlungen betreffenden Jahren teils imVerwaltungsrat und im Aufsichtsrat.

Zudem ist Merz seit 2014 für die Wirtschaftskanzlei Mayer Brown LLP als Senior Berater tätig, die auf ihrer Webseite den Tätigkeitsbereich Lobbyismus anbietet und Interessierte gezielt zu ihren Möglichkeiten mit Cum-Ex-Geschäften beraten hat. Dies hat Gerhard Schick, Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende, in einem offenen Brief dargelegt. Bis heute wurde dieser nicht beantwortet.

Eher unüblich für die Funktion eines Aufsichtsratschefs, steht Merz dem deutschen Ableger des Vermögensverwalters BlackRock auch als Senior Berater zur Verfügung, eine Rolle, in der er "Beziehungen zu wichtigen Kunden, Behörden und Regierungsstellen in Deutschland unterstützt". Seine Funktion als Finanzexperte der CDU dürfte auch vor diesem Hintergrund einzuordnen sein.

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Merz ist zudem Gründungsmitglied des Fördervereins der sogenannten Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), einer im Jahr 2000 von Unternehmerverbänden der Metall- und Elektroindustrie gegründeten und gut vernetzten Lobbyorganisation, die die Interessen der großen deutschen Konzerne vertritt und unter anderem wegen des Missbrauchs des Begriffs "Soziale Marktwirtschaft" stark umstritten ist, da die INSM sich gegen deren sozialen Elementen einsetzt, teils mit fragwürdigen Methoden wie Schleichwerbung.

Bis im vergangenen Februar war Merz Vorsitzender der Atlantik-Brücke und beriet die CDU zur Zukunft der transatlantischen Beziehungen. Er bezeichnet sich selbst als überzeugten Transatlantiker. Merz zeigte sich offen für eine deutsche Beteiligung an einem militärischen Einsatz in der Straße von Hormus. BlackRock ist neben anderen Finanzgiganten bei vielen der bedeutendsten US-Rüstungsunternehmen großer Anteilseigner und somit Profiteur militärischer Lösungen. Nach dem US-Luftschlag, der neben sieben weiteren Menschen den iranischen Spitzengeneral Qassem Soleimani auf irakischem Boden tötete und so den gesamten Mittleren Osten destabilisierte, konnte BlackRock entsprechend hohe Gewinne verzeichnen. Ob sich künftig auch deutsche Rentner bei US-Militäreinsätzen die Hände reiben, bleibt abzuwarten.

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