Am Tag nach der gezielten Amokfahrt auf eine Gruppe von Verdi-Demonstranten: der Oberbürgermeister von München Dieter Reiter (links), Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (Mitte) und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder am Tatort in München,14.02.2025
In der Münchner Innenstadt ist gestern ein Fahrzeug mutwillig in eine Demonstration der Gewerkschaft Verdi gefahren. Bei dem Aufprall wurden nach aktuellem Stand mindestens 36 Anwesende verletzt, darunter auch Kinder. Ein zweijähriges Kind schwebt weiterhin in Lebensgefahr. Die Polizei nahm am Tatort unmittelbar den Fahrer, einen 24-jährigen Afghanen, fest. Laut Medieninformationen hat am Folgetag die leitende Oberstaatsanwältin der "Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET)" der Generalstaatsanwaltschaft München vor der Presse erklärt, dass sie aufgrund des Verhaltens des Täters "auf eine religiöse Tatmotivation" schließe.
Die Bild-Zeitung berichtet, der Afghane habe direkt nach seiner Festnahme "Allahu akbar" gerufen, sich zudem laut einem Spiegel-Artikel "nicht freiwillig festnehmen lassen" und danach im Polizeigewahrsam "gebetet".
Nach erstem Ermittlungsstand am gestrigen Tag war der 24-Jährige im Jahr 2016 als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Deutschland gekommen. Sein Asylantrag wurde 2017 jedoch zunächst abgelehnt. Drei Jahre später lehnte dann das Verwaltungsgericht München eine gegen die Ablehnung gerichtete Klage ab. 2021 erhielt er eine erste Duldung und kurze Zeit später eine Aufenthaltserlaubnis. Der Mann war demnach zum gestrigen Tatzeitpunkt nicht ausreisepflichtig.
Bei der heutigen Pressekonferenz der zuständigen Generalstaatsanwaltschaft wurde bekanntgegeben, dass unter den Opfern der Amokfahrt "zwei Betroffene, darunter ein Kind, sehr schwer verletzt sind, acht Menschen schwer und sechs mittelschwer". Die übrigen Opfer erlitten leichte Verletzungen.
Der Täter hätte demnach nicht sofort aufgegeben. Die anwesenden Polizisten hätten ihn mit Gewalt aus dem Auto ziehen müssen. Dazu berichtet Der Spiegel:
"Bei der Festnahme des Afghanen hatte die Polizei auch auf seinen Wagen geschossen. 'Der Täter wurde dabei aber nicht getroffen und durch den Schuss auch nicht verletzt', hieß es seitens der Polizei. Den Beamten sei es gelungen, den Täter aus dem Auto zu ziehen, obwohl dieser noch versucht habe, erneut Gas zu geben."
Die eingerichtete Sonderkommission zur Tat bestehe aus 140 Beamten, so ein Mitarbeiter des Landeskriminalamts München. Die Mutmaßung einer "islamistischen Motivation" ergebe sich aus der Auswertung des Handys des Afghanen. Die Nachrichten und die Kommunikation sowie die Social Media-Postings seien mehrheitlich in Dari, der Standardvarietät der persischen Sprache in Afghanistan, erfolgt.
So habe der Amokfahrer am Tag vor seiner Tat eine Nachricht an seine Familie gesendet. Diese lautete: "Vielleicht bin ich morgen nicht mehr da." Auf der Pressekonferenz wurde zudem erklärt, dass sich der 24-Jährige legal in Deutschland aufhielt. Er sei dabei bisher nicht vorbestraft gewesen. Ein Verfahren wegen Leistungsbetrugs sei eingestellt worden. Er habe zuletzt als Ladendetektiv gearbeitet.
Bis dato seien noch keine eindeutigen Hinweise auf die Mitgliedschaft in einer islamistischen Organisation gefunden worden. Jedoch könnten die Ermittler aufgrund dessen, was der 24-Jährige bei der ersten Vernehmung ausgesagt habe, auf eine "islamistische Tatmotivation schließen". Auf seinen Social-Media-Accounts habe der Tatverdächtige "zudem mehrere Posts mit religiösem Inhalt abgesetzt", berichtet Der Spiegel.
Die zuständige Oberstaatsanwältin betonte in der Pressekonferenz, das es "bei dem 24-Jährigen bislang keine Anhaltspunkte auf psychische Probleme gibt, die Auswirkungen auf die Tat gehabt haben könnten". Daraus resultierend werde auch seitens der Staatsanwaltschaft nicht beantragt, "den Mann vorläufig in der psychiatrischen Unterbringung aufzunehmen".
Die zuständige Generalstaatsanwaltschaft beantragte nun am heutigen Freitag Haftbefehl "unter anderem wegen versuchten Mordes in 36 Fällen". Über eine Untersuchungshaft werde ein Ermittlungsrichter im Laufe des Tages entscheiden, teilten Polizei und Generalstaatsanwaltschaft auf der Pressekonferenz mit.
Am gestrigen Abend kam es in München zu einer Demonstration des Bündnisses "DemokraTeam". In dem Aufruf heißt es wörtlich:
"Wir sind Betroffene, Freund:innen von Betroffenen und Gewerkschafter:innen. Wir wenden uns an die Öffentlichkeit, weil wir angewidert sind von den Reaktionen der Politik, die diesen Angriff auf uns und unsere Freund:innen zu einem Angriff auf unsere migrantischen und geflüchteten Kolleg:innen machen wollen! Wir verwehren uns gegen diese rassistische Instrumentalisierung dieser Tat und rufen alle auf, uns in dieser Forderung zu unterstützen!"