Sven Lehmann: Stolzer Förder von Fetisch
von Sven Versteegen
Schlägt man die Jugendzeitschrift „out!“ auf, begrüßt einen „Cori“. In aufreizender Damenunterwäsche posiert „Cori“ auf einem Bett. Der Raum ist spärlich beleuchtet, eine schwache Lampe wirft die Silhouette an die Wand. Cori benutzt die Pronomen „dey“ und „deren“.„Dey“ fühlt sich sexy. Die Arme sind hinter dem Kopf verschränkt und offenbaren behaarte Achseln. Im Gesicht wuchern ein dunkelbrauner Ziegenbart und Schnauzer.
Die Reizwäsche stammt aus einem Adventskalender, „dey“ dem Leser mitteilt. „Jedes Jahr bekomme ich von meiner Mutter einen Adventskalender geschenkt. Diesmal hatte sie sich dazu entschieden, mir einen Sexspielzeug-Adventskalender zu besorgen.“
Damit leitet Ausgabe 59 von „out!“ ins Thema ein: Fetisch. Auf zwölf Seiten informiert die queere Jugendzeitschrift über Kink und Fetisch, Lack und Leder, Körperflüssigkeiten und Rollenspiele.
Kinks sind „nicht-konventionelle Begehren“, erklärt die Autorin Lis Walter. Es sei „sozusagen als Geschmacksrichtung ein Erdnuß-Brezel-Eis“. Somit läßt sich Kink klar von Fetisch abgrenzen. Denn ein Kink ist zunächst einmal ein alternatives Interesse. Der Begriff kommt aus dem Englischen und soll die Idee der „Kurve“ – also des Nicht-Geraden, Nicht-Heterosexuell-Seins – widerspiegeln.
Dahingegen ist ein Fetisch eine ungewöhnliche sexuelle Vorliebe. Wer einen Fetisch hat, muß diesen befriedigen, um beim Sex erregt zu sein. Der Kink sei eher ein nettes Plus, die Kirsche auf dem Sahnehäubchen, informiert die Autorin.
Zu den psychologischen Hintergründen sprechen verschiedene „Fachexperten“, in diesem Fall Sexualtherapeuten. Die vermeintliche Konsensmeinung: Fetische sind normal, können gesund sein.
Auf der letzten Themenseite folgt ein anonymisierter Erfahrungsbericht. Die Windel, mit der die Seite bebildert ist, springt den Leser förmlich an. Verziert mit einer Löwenfamilie, wird sie von einer Kinderhand in die Kamera gehalten.
Die Autorin, damals noch 15, berichtet: „Ich klickte auf Pornoseiten rum und wollte einfach mal schauen, was mir gefällt. Aus Spaß klickte ich auf ein Video mit dem Titel ‘DDLG’.“ DDLG steht für „Daddy Dom Little Girl“, dabei versetzt sich eine Frau in die Rolle eines kleinen Mädchens. Sie trägt Windeln, malt Bilder und vergnügt sich mit Kinderspielzeug. Ihr Daddy „bestraft“ sie, sollte sie unartig sein.
Das 15jährige „Little Girl“ fiel – auf der Suche nach Videos, die ihre Vorlieben widerspiegelten – in eine Pornosucht. Mit 16 lebte sie ihren Fetisch zum ersten Mal aus. Mit wem, erzählt sie dem Leser nicht. „Als ich dann endlich das erste Mal in die Windel urinieren durfte, fühlte ich mich einfach nur frei und überglücklich.“
Weshalb sie ein „Little Girl“ sein möchte, weiß sie nicht. Allerdings vermutet sie, „daß mir die Vaterfigur in meiner Kindheit sehr gefehlt hat. Deshalb gefällt mir der Gedanke, mich einfach fallen zu lassen“. Dem Leser gibt sie mit: „Einen untypischen Fetisch zu haben, ist nichts Verwerfliches.“
Herausgegeben wird die Zeitschrift vom Jugendnetzwerk Lambda e.V. Sie richtet sich explizit an Minderjährige ab 14 Jahren. Zuerst hatte der AfD-Bundestagsabgeordnete Matthias Helferich auf die Zeitschrift aufmerksam gemacht. Während der ersten Lesung zum Selbstbestimmungsgesetz im Bundestag konfrontierte er den Bundestagsabgeordneten und Queerbeauftragten der Bundesregierung, Sven Lehmann (Grüne), damit, Förderer des Vereins zu sein. Lehmann erklärte, er sei „sehr, sehr gerne Fördermitglied“ bei Lambda.
Im laufenden Jahr erhielt Lambda 467.000 Euro vom Bundesfamilienministeriums, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Helferich hervorgeht. Mit 646.000 Euro finanzierte das Ministerium von Lisa Paus (Grüne) den Verein im vergangenen Jahr. Angesetzt für 2024 sind 360.000 Euro.