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Prophet des Schreckens: George Orwell und sein Buch 1984 – Ein Horrorszenario wird Wirklichkeit

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Autor: Josef Kraus
Quelle: https://www.anonymousnews.org/...
2021-10-15, Ansichten 1103
Prophet des Schreckens: George Orwell und sein Buch 1984 – Ein Horrorszenario wird Wirklichkeit

George Orwell war seiner Zeit weit voraus: Er schrieb u.a. die Bestseller «1984» und «Farm der Tiere».

George Orwell beschrieb bereits kurz nach dem Zweiten Weltkrieg den totalen Überwachungsstaat und ist mit seinem Buch 1984 längst zu einer scheinbar nicht mehr erklärungsbedürftigen Metapher für totalitäre Verhältnisse geworden. Mit atemberaubender Unerbittlichkeit zeichnet der Autor das erschreckende Bild einer durch und durch totalitären Gesellschaft, die bis ins letzte Detail durchorganisierte Tyrannei einer absolut autoritären Staatsmacht. Seine düstere Vision hat einen beklemmenden Wirklichkeitsbezug, dem sich auch der Leser von heute nur schwer entziehen kann.

von Josef Kraus

George Orwell gelang mit seiner beklemmenden Vision einer Diktatur, die Gedanken und Gefühle der Menschen bis ins Letzte steuert, ein Großklassiker der Moderne. Ob Fake News, Hate Speech, digitales Profiling, Social Scoring oder Big Data – Parallelen zu unserer heutigen Welt drängen sich auf jeder Seite dieses hellsichtigen Buchs auf.

„Migranten sind nicht krimineller als Deutsche.“ – „Islam bedeutet Frieden!“ – „Der Klimawandel ist vor allem menschengemacht.“ Irgendwie assoziieren wir mit solchen Sätzen drei andere, mehr als 70 Jahre alte. Da war doch was? „Krieg ist Frieden! Freiheit ist Knechtschaft! Unwissenheit ist Stärke!“ Das sind in einem am „Engsoz“ („Englischen Sozialismus“) ausgerichteten „Ozeanien“ die drei maßgeblichen Parolen des Ministeriums für Wahrheit (hübsch zweideutig abgekürzt als „Miniwahr“), das mit eiserner Faust regiert wird – und einem allgegenwärtigen „Big Brother is watching you!“.

Gewagte Vergleiche? Durchaus, aber naheliegend. Denn was George Orwell (1903–1950) als Autor der 1948 beendeten und 1949 erschienenen Dystopie „1984“ (ein bewusster Zahlendreher der Jahreszahl 1948) düster-fantasievoll ausschmückte, erweist ihn heute noch als sehr realitätsnahen Propheten. Orwell hatte sich – womöglich schon sein frühes Lebendsende ahnend und um in Ruhe schreiben zu können – auf die einsame Hebrideninsel Jura vor der Westküste Schottlands zurückgezogen, in ein Haus ohne Elektrizität und ohne fließendes Wasser. Heute hätte er grimmige Freude daran, wie etwa das „beste Deutschland, das wir jemals hatten“, „Das Land, in dem wir gut und gerne leben“ seine „1984“-Dystopie als Gebrauchsanleitung nutzt.

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Beispiele? Wenige an dieser Stelle nur, aber man könnte ganze Bücher damit füllen: die Sprach-, Denk-, Gesinnungs- und Haltungsschablonen der „political correctness“ (PC) mit ihren Hui-Weihewörtern und Pfui-Verteufelungen, die Diktate der Gender- und Queer-Lobby, die Tricksereien um Kriminalitätsstatistiken, die Verheimlichung der ethnischen Herkunft von Kriminellen, die Schiebereien mit CO2 -Werten, die Unkultur der „cancel culture“. Und das Ganze auch noch „legislativ“ beziehungsweise exekutiv unterfüttert: durch ein geplantes „Demokratiefördergesetz“, ein geltendes „Netzdurchsuchungsgesetz“, ein Berliner „Antidiskriminierungsgesetz“, durch zahllose „Institute“ und NGOs, die sich – staatlich üppig alimentiert – dem „Kampf gegen rechts“ verschrieben haben und Facebook, Twitter, Instagram, Youtube durchschnüffeln, um Shitstorms vom Zaun zu brechen, zu löschen, „User“ zu sperren oder Strafanzeigen zu stellen.

Alles dies hat Orwell in „1984“ vorweggenommen. Dabei konnte er noch nicht einmal erahnen, welche Möglichkeiten die Digitalisierung Schnüfflern und Denunzianten bietet. Auszüge aus dem Original mögen dennoch reichen: Die in „1984“ handelnden Personen beziehungsweise Marionetten müssen stets „Doppeldenk“ („doublethink“) praktizieren: Sie sehen die Realität und müssen das Gegenteil glauben. Sie müssen sich an „Hasswochen“ („hate weeks“) beteiligen, sie sind täglich dem Zwei-Minuten-Hass-Ritual („two-minutes-hate“) ausgesetzt, und sie werden manipuliert durch ein ständig aktualisiertes Wörterbuch des „Neusprech“ („newspeak“).

An diesem Verzeichnis bastelt der Sprachwissenschaftler Syme. Er sagt zur Hauptfigur des Romans, Winston Smith, dem übrigens ein Liebesverhältnis zu einer Julia im Ministerium der Liebe durch Gehirnwäsche ausgetrieben wurde: „Wir geben Neusprech den letzten Schliff … Wir merzen jeden Tag Wörter aus … Siehst du denn nicht, dass Neusprech kein anderes Ziel hat, als die Reichweite der Gedanken zu verkürzen? […] Es ist lediglich eine Frage der Wirklichkeitskontrolle. […] Die Revolution ist vollzogen, wenn die Sprache geschaffen ist … Es wird überhaupt kein Denken mehr geben … Strenggläubigkeit bedeutet: nicht mehr denken zu müssen.“ Und der Leitspruch lautet: „Unwissenheit ist Stärke.“ Die Stärke der Regierenden.

Zielscheibe der „Gedankenpolizei“

Wer in „Ozeanien“ nicht politisch korrekt denkt und spricht, wer im Sinn des „Big Brother“ ein „Gedankenverbrecher“ ist, wird zur Zielscheibe der „Gedankenpolizei“, („thought police“) wird der Herrschaft des Verdachts unterstellt, er soll sich schlechten Gewissens jedes Gedankenverbrechen versagen („crime stop“), oder er wird „vaporisiert“, verdampft, das heißt, er findet in der Öffentlichkeit nicht mehr statt (heute „cancel culture“). Deswegen hat Winston Smith im „Miniwahr“ die Aufgabe, Geschichte ständig umzuschreiben. Am Ende jedenfalls resigniert Winston, der vergeblich versucht hatte, über die „Prolos“, über das gemeine Volk, einen politischen Wandel herbeizuführen: „Er hatte den Sieg über sich selbst errungen. Er liebte den Großen Bruder.“

Das ist radikal erfolgreicher Kulturmarxismus im Sinne von Antonio Gramsci! Das ist DDR 2.0, denn in der DDR gab es Sanktionen, wenn man keinen festen Klassenstandpunkt, also kein bedingungsloses Vertrauen in die Richtigkeit der SED-Politik hatte. Heute geht es um den richtigen „PC“-Standpunkt. Der vormalige idealistische Sozialist George Orwell wusste, wovon er schrieb. Es war ihm bekannt, was in Stalins Sowjetunion geschah. Und er hatte als Freiwilliger der trotzkistischen Gruppe Partido Obrero de Unificación Marxista (POUM) im Spanischen Bürgerkrieg (1936–1939) „live“ die Liquidation antistalinistischer Linker erlebt. Das war für Orwell – wie übrigens auch für seinen Freund Arthur Koestler – der Wendepunkt seines Lebens. 1945 veröffentlichte Orwell „Animal Farm – A Fairy Story“ („Farm der Tiere – Eine Fabel“) mit dem auf den Sozialismus anspielenden weltberühmten Satz: „All animals are equal but some animals are more equal than others.“ Bereits mit diesem Satz riss Orwell dem Kommunismus die Maske vom Gesicht.

Orwell passte den englischen Verlagen deshalb gar nicht, denn die Sowjetunion war ja der alliierte Verbündete gegen Nazi-Deutschland gewesen. Vier Verlage lehnten das „Animal Farm“-Manuskript ab. Es herrschte eine „veiled censorship“, also eine freiwillige, verschleierte Zensur. Orwell wurde zur „unperson“ – ein Begriff übrigens, den er selbst geprägt hatte. Er passte nicht in die öffentliche Meinung, man wollte Stalin nicht reizen, wiewohl sich schon vor Ende des Zweiten Weltkrieges eine unüberbrückbare Kluft zwischen den drei Westalliierten und der UdSSR aufgetan hatte und wiewohl Churchill am 5. März 1946, zu dieser Zeit Oppositionsführer, den Begriff des „Iron Curtain“ für die von Stalin erzwungene Abspaltung der Länder Ost- und Mitteleuropas geprägt hatte.

Bereits in der Endphase der Arbeit an „Animal Farm“ ahnte Orwell, dass sein Werk „politisch nicht so okay ist, dass ich im Vorhinein kaum sicher sein kann, ob es jemand veröffentlichen mag“ (Orwell in einem Brief vom 17. Februar 1944 an Gleb Struve). Wie recht er hatte. Sein Vorwort zu „Animal Farm“ mit dem Titel „The Freedom of the Press“ fiel – mit Rücksicht auf die UdSSR – der Zensur des britischen Informationsministeriums zum Opfer.

Erst 1972 wurde dieses Vorwort in Orwells Unterlagen entdeckt (und ist in der soeben erschienenen Neuausgabe in neuer Übersetzung wieder enthalten – Anm. d. Red.). Berühmt wurde daraus der Satz: „Falls Freiheit überhaupt etwas bedeutet, dann bedeutet sie das Recht darauf, den Leuten das zu sagen, was sie nicht hören wollen.“ Zudem prangert Orwell dort die „Russophilie“ an und schreibt: „Falls die intellektuelle Freiheit, die zweifellos ein hervorstechendes Merkmal westlicher Zivilisation gewesen ist, überhaupt einen Sinn hat, dann den, dass jeder das Recht haben soll, zu sagen und zu drucken, was er für die Wahrheit hält, vorausgesetzt nur, es fügt dem Rest der Gemeinschaft nicht unverkennbar Schaden zu.“

Abschaffung der Geschichte

Inspiriert war Orwell bei „1984“ wohl auch von Hayeks Klassiker „The Road to Serfdom“ (deutsch: „Der Weg zur Knechtschaft“, 1944). Womöglich war Orwells „1984“ auch eine ironische Replik auf den Zukunftsroman des führenden US-Behavioristen B. F. Skinner, der mit „Walden Two“ (deutsch: „Futurum Zwei“) eine ideale, angeblich aggressionsfreie Gesellschaft skizziert hatte – eine Gesellschaft, die sich rühmt, die Geschichte abgeschafft zu haben. Bei „Big Brother“ heisst es entsprechend: „Who controls the past controls the future: who controls the present controls the past.“entfernen

Spätestens jetzt dürfte klar sein, dass glaubensfeste Sozialisten und alle Klimaretter, selbsternannte Antirassisten sowie kultursensibel Daherkommenden ihre liebe Not mit „1984“ haben. Irgendwann wird es als nicht mehr „hilfreich“ gelten, „1984“ in der Schule zu behandeln. Schon das ab 1965 herausgegebene „Kindlers Literatur Lexikon“ mokierte sich darüber, dass Orwells Roman „ideologisch, d.h. antikommunistisch vereinnahmt“ worden sei. In der DDR jedenfalls war es höchst gefährlich, Orwell zu lesen. Im Oktober 1978 verurteilte das Bezirksgericht Karl-Marx-Stadt einen 27 Jahre alten Theologen zu zwei Jahren und vier Monaten Gefängnis. Er hatte Orwells „1984“ an Bekannte verliehen. Die Urteilsbegründung des Gerichts lautete unter anderem: „Das Buch ‚1984‘ soll dazu dienen, den Sozialismus zu verteufeln und zu verunglimpfen. Dabei werden insbesondere die Sowjetunion sowie die führende Rolle der marxistisch-leninistischen Partei diffamiert.“


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