Virus-Diktatur: In Zeiten von Corona bleiben die Grundrechte auf der Strecke
von Günther Strauß
Diese Dreistigkeit verschlägt einem die Sprache: Am späten Donnerstagabend – um 23:16 Uhr – hat der Bundestag klammheimlich die Grundrechtseinschränkungen durch die Corona-Maßnahmen verlängert – und zwar unabhängig von der epidemischen Lage. Besonders perfide: Die Sache war versteckt in einem Antrag zum Stiftungsrecht.
Auf Seite 5 jenes Antrags in der untersten Ecke fand sich nämlich – ohne jegliche Kontextualisierung und erkennbaren Zusammenhang – ein Passus, der eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) in Artikel 9 und 10 vorsieht. Inhalt: Verlängerung der Corona-Regeln inklusive Grundrechtseinschränkungen um ein ganzes Jahr, Feststellung der sogenannten epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch das Parlament: nicht notwendig.
Die AfD passte auf – und verlangte, dass über Stiftungsrecht und IfSG getrennt abgestimmt wird. Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD peitschten die Novelle trotzdem durch den Bundestag: Mit 412 zu 212 Stimmen bei zwei Enthaltungen wurde der Antrag angenommen.
Das steht konkret in Artikel 9 und 10 des IfSG beziehungsweise das hat sich geändert: Artikel 9 legt fest, dass die Bundesregierung ohne demokratische Legitimation durch den Bundestag die Freiheitsrechte von Personen, die aus dem Ausland nach Deutschland einreisen, zum Beispiel als Urlaubsrückkehrer, erheblich einschränken und die Personen unter Überwachung stellen oder in Quarantäne stecken kann. Bislang war dies daran gekoppelt, dass der Bundestag eine epidemische Lage nationaler Tragweite feststellt. Durch die nun beschlossene Änderung – versteckt in dem Gesetzentwurf zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts –, wird die Dauer der Ermächtigung auf ein Jahr nach Aufhebung der epidemischen Notlage ausgeweitet.
Artikel 10 verschiebt das Inkrafttreten einiger Artikel des Gesetzes zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts um ein Jahr. Weiterhin stellt Artikel 10 fest, dass Artikel 9 die Freiheit der Person, die Freizügigkeit, die Unverletzlichkeit der Wohnung und die körperliche Unversehrtheit von Bürgern einschränkt.
Diese Art der Corona-Diktatur geht dem Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, offenbar noch nicht weit genug. In einem Gespräch mit der Stuttgarter Zeitung hat der Grüne nun laut darüber nachgedacht, „ob wir nicht das Regime ändern müssen, so dass harte Eingriffe in die Bürgerfreiheiten möglich werden, um die Pandemie schnell in den Griff zu bekommen“.
Für ein solches Notstandsgesetz, das sich angeblich nicht auf die jetzige Lage, sondern auf „künftige Pandemien“ beziehen soll, müsse notfalls auch das Grundgesetz geändert werden. Kretschmann wörtlich:
„Meine These lautet: Wenn wir frühzeitige Maßnahmen gegen die Pandemie ergreifen können, die sehr hart und womöglich zu diesem Zeitpunkt nicht verhältnismäßig gegenüber den Bürgern sind, dann könnten wir eine Pandemie schnell in die Knie zwingen.“
Soll heißen: Statt Salamitaktik wie jetzt bei Corona könnte man künftig gleich die volle Packung verabreichen. Auf die Frage, ob solche massiven Eingriffe in die Bürgerrechte per Notstandsgesetz im Parlament mehrheitsfähig wären, zeigte sich Kretschmann zuversichtlich:
„Ich glaube schon. Denn jeder muss sich die Frage stellen, was auf Dauer mehr Einschränkungen und Schäden verursacht: ein kurzer harter Einschnitt, der schnell wieder vorbei ist, oder ein immer wiederkehrender Lockdown.“
Wer gemeint hat, es könne nicht noch schlimmer kommen, wurde wieder mal eines Besseren belehrt.