Scheffelt Millionen mit der Amadeu-Antonio-Stiftung: Anetta Kahane, ehemalige STASI-Mitarbeiterin
von Robert Mühlbauer
Anetta Kahane ist eine der umtriebigsten politischen Aktivistinnen in Deutschland, sie gilt als eine Art Spinne im Netzwerk linker Organisationen und Antifa-Initiativen. Die 66-Jährige ist Gründerin und Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung (AAS), einer politisch und medial bestens vernetzten Kampagnen- und Beratungsorganisation. Diese erhält Millionen Euro an Steuergeldern für angebliche Demokratie-Projekte und zum „Kampf gegen Rechts”, gegen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus, Antisemitismus oder auch Antifeminismus, wobei man alles fröhlich vermischt und auch Konservative denunziert.
Immer wieder gibt es aber Kontroversen um Kahanes eigenen Hintergrund, ihre Vergangenheit als Stasi-IM in der DDR. Jetzt wird wieder darüber gesprochen. Ausgerechnet deshalb, weil die Zeitschrift „Geschichte für heute”, das Magazin des Verbandes der Geschichtslehrer Deutschlands (VGD), in der Besprechung eines Buchs von Kahane Zensur geübt hat. Der Historiker und Stasi-Forscher Hubertus Knabe hatte einen von Kahane herausgegebenen Sammelband „Nach Auschwitz. Schwieriges Erbe DDR” rezensiert. Einige der Texte hätten DDR-apologetischen Charakter, kritisiert Knabe dort. Aus seiner Sicht spielt dabei der biographische Hintergrund der Herausgeber eine Rolle.
Nicht nur, dass Co-Herausgeber Patrice Poutrus einst hauptamtlicher FDJ-Funktionär war, der nach eigenen Angaben vom DDR-Untergang tief getroffen war. Auch die Tatsache, dass Kahane für die Stasi spitzelte, erwähnt Knabe. Aber dieser gesamte Passus in der Besprechung fehlte auf wundersame Weise in der gedruckten Ausgabe der Zeitschrift. Der zuständige Redakteur Uwe Walter, Professor an der Uni Bielefeld, war nicht darüber informiert worden. „Zensur bei der Zeitschrift ‚Geschichte für heute'”, urteilte die „Frankfurter Allgemeine”, die vorige Woche in einem Artikel auf den Vorgang aufmerksam machte.
Dass Anetta Kahane, geboren 1954 in Ost-Berlin als Tochter kommunistischer, jüdischer Eltern, in den Jahren 1974 bis 1982 unter dem Decknamen „IM Victoria” für die DDR-Staatssicherheit gespitzelt hat, ist seit Längerem bekannt. Angeworben wurde sie damals „auf politisch-ideologischer Grundlage”. Ihr Vater Max Kahane war Chefkommentator beim SED-Blatt „Neues Deutschland”, seine Ansichten prägten offenbar die Tochter. In mehr als 70 handschriftlichen Berichten gab sie detailliert über Freunde und Bekannte, auch Begegnungen mit chilenischen Emigranten und Diplomaten, über private Treffen und Hochzeitsfeiern Auskunft. Für ihre Stasi-Berichte erhielt sie Geldprämien, einen goldenen Füller, Schnaps, Zigaretten und Kuchen.
Sie urteilte in ihren Spitzelberichten gern über die Leute, etwa über die „sehr rechte politische Einstellung” der Hochzeitsgäste. Auch über Sympathisanten des ausgebürgerten DDR-Liedermachers Wolf Biermann informierte Kahane ihren Stasi-Führungsoffizier. All das konnte Menschen in der DDR in eine brenzlige Lage bringen. 1982 beendete sie ihre Stasi-Zusammenarbeit. Später hat Kahane ihre IM-Tätigkeit heruntergespielt und beschönigt, ja sich sogar selbst als Opfer dargestellt und die verlogene Floskel aufgeflogener Stasi-Denunzianten heruntergeleiert, sie selbst habe niemandem Nachteile gebracht. Knabe, der viele Jahre die Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen leitete, glaubt ihr das aber nicht.
Der deutsch-israelische konservative Schriftsteller Chaim Noll hat jüngst in einer wütenden Kritik, die in der „Jüdischen Rundschau” veröffentlicht wurde, Kahane vorgeworfen, sich auch an der Verfolgung von Juden in der DDR beteiligt zu haben. „Genau das hat Anetta Kahane getan (zum Beispiel, als sie die Brüder Brasch bei der DDR-Staatssicherheit als ‚Feinde der DDR’ denunzierte, Klaus Brasch nahm sich wenig später das Leben)”, schreibt Noll. „Ausgerechnet diese Spezialistin wurde von der Regierung Merkel ausgesucht, die Deutschen über Antisemitismus zu belehren.”
So stellt sich schon die Frage, warum die Stasi-Informantin nach der deutschen Vereinigung ungehindert Karriere machen konnte und ob Kahane als leitende Figur in der politischen Bildungsarbeit der Bundesrepublik geeignet ist. Ein beliebtes Mittel der Stasi zur „Zersetzung” missliebiger Personen war es, sie als Rechtsextreme oder Faschisten zu brandmarken. In dieser Manier stellt auch Kahanes Amadeu-Antonio-Stiftung politisch missliebige Gegner oder Publikationen leichthin als anti-demokratisch und rechtsextrem dar.
Vor einigen Jahren etwa förderte die AAS das „Neue Rechte Wiki”, das nicht nur NPD und Nationalsozialisten, sondern auch – wie die „FAZ” kritisch schrieb – diverse AfD-Politiker, Thilo Sarrazin, die konservative Autorin und Gender-Kritikerin Birgit Kelle, die CDU-Mitglied ist, sowie die „Demo für Alle”, einen Zusammenschluss konservativer Familienaktivisten, präsentierte. „FAZ”-Autor Rainer Meyer schrieb von einer „Prangerseite”, die Neonazis und CDU-Leute nebeneinander stelle.
Nach Kritik wurde diese Seite vom Netz genommen. Gelegentliche Rückschläge haben die Amadeu-Antonio-Stiftung und ihre Chefin aber nie ausgebremst, sondern sie machen munter weiter. Kahane wurde von Heiko Maas (SPD), damals Justizminister, 2015 in eine Arbeitsgruppe berufen, die sich gegen „Hassbotschaften” im Internet engagieren sollte. Und sie war beteiligt an einer sogenannten „Initiative für Zivilcourage online”. Letztlich geht es darum, unliebsame Meinungsäußerungen im Internet und besonders bei Facebook zu bekämpfen. Ihr Stiftungsbeirat ist mit prominenten und einflussreichen Leuten bestückt. Auch Stefan Kramer, der Chef des Thüringer Verfassungsschutzes, der jetzt ein SPD-Bundestagsmandat anstrebt, ist dabei.
Kahanes Stiftung wird mit Steuergeld regelrecht zugeschüttet. Im Laufe des vergangenen Jahrzehnts hat sie schon einen zweistelligen Millionenbetrag an Zuschüssen verschiedener Ministerien erhalten. Das Eigenkapital der Stiftung ist auf mehr als 2,5 Millionen Euro gewachsen. Der Jurist und Steuerberater Ansgar Neuhof nannte sie ironisch die „Amadeu-Antonio-Bank”: „Der Kampf gegen Rechts lohnt sich.” Laut dem jüngsten Jahresbericht erhielt sie 2018 allein 2,76 Millionen Euro Zuschüsse und 1,5 Millionen Euro Spenden, mit denen sie Hunderte Projekte finanziert, etwa „No World Order – Handeln gegen Verschwörungsideologien” oder „LSTBI* Personen im ländlichen Raum sichtbar machen”. Ihre „Fachstelle Gender und Rechtsextremismus” entwickelt „kommunale und strukturelle Handlungsstrategien gegen antifeministische Bestrebungen”. Besonders das Bundesfamilienministerium von Franziska Giffey (SPD) ergießt einen steten warmen Geldregen über die AAS.
Jüngst hat sich die Bundesregierung auf ein weiteres Maßnahmenpaket in Höhe von einer Milliarde Euro im „Kampf gegen Rechts” für die Jahre 2021 bis 2024 geeinigt, im Durchschnitt 250 Millionen Euro pro Jahr. Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass auch Kahanes Stiftung es verstehen wird, sich von diesem Paket eine dicke Scheibe zu sichern. Und ganz offensichtlich schafft sie es auch weiterhin, sich gegen Kritik an Stasi-Vergangenheit und politischer Denunziationsarbeit zu immunisieren.