Sandra Lust, die Teilnehmerin der Parteiveranstaltung der Linke, sprach wörtlich von der Erschießung der Reichen:
„Energiewende ist auch nötig nach einer Revolution. Und auch wenn wir das eine Prozent der Reichen erschossen haben, ist es immer noch so, dass wir heizen wollen, uns fortbewegen. Naja, ist so“, lautet der Wortbeitrag der Frau.
Der Linken-Parteivorsitzende Bernd Riexinger reagierte kurz darauf, distanzierte sich jedoch nicht von der Aussagen der Parteimitgliederin. „Wir erschießen sie nicht – sondern setzen sie für nützliche Arbeit ein“.
Nach der Kritikwelle ruderte Riexinger am Dienstagnachmittag jedoch zurück. „Meine Reaktion darauf hätte sehr viel unmissverständlicher sein müssen“, so Riexinger. Der Kommentar der Genossin sei unakzeptabel, „wenn auch erkennbar ironisch“ gewesen.
Die Empörung in Deutschland über die Aussagen bei den Linken scheint währenddessen zu wachsen.
So spricht CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak von einer „abscheulichen Haltung“. Er sieht sich darin bestärkt, auch weiterhin auf eine Zusammenarbeit nicht nur mit der AfD, sondern auch mit der Linken zu verzichten.
Die Haltung von @dieLinke und @b_riexinger ist abscheulich. Mitglied der Partei fordert das Erschießen der „1% Reichen“ in Deutschland. Schaut Euch die Reaktion von #Riexinger an?Erschießen oder Arbeitslager? Unfassbar! Deshalb keine Zusammenarbeit mit @dieLinke! pic.twitter.com/kKcKWNQS7P
— Paul Ziemiak (@PaulZiemiak) March 3, 2020
Der Thüringer CDU-Bundestagsabgeordnete Mark Hauptmann twitterte: „Die Linke ist extrem, sie ist radikal, sie ist geschichtsvergessen, sie ist die alte SED.“
Die #LINKE ist extrem, sie ist radikal, sie ist geschichtsvergessen, sie ist die alte #SED. Sie ist kein Partner für uns - weder im Bund, noch in den Ländern. Daher kann es keine aktive oder passive Wahl von #Ramelow geben. @CDU @cdu_thueringen @cdu_fraktion_th https://t.co/FnMyZ2kV35
— Mark Hauptmann (@MarkHauptmann) March 3, 2020
Der Vize-Vorsitzende der FDP im Bundestag Alexander Lambsdorff merkte an, dass wenn die rechte AfD sich eine ähnliche Aussage leistete, wäre ein großer Skandal unvermeidbar:
„Was @dieLinke so diskutiert, die zweite... Krass, kann's nicht anders sagen. Wenn sich @AfD bei ähnlicher Rhetorik erwischen ließe, wäre die Hölle los. Mal 'n #Investigativ-Stück über Verhältnis der #Linkspartei zu Extremisten, @derspiegel, @SZ, @ARDKontraste, @tazgezwitscher ?“
Für die verbalen Vorgänge in Kassel gibt es auch Kritik aus den eigenen Reihen: Bodo Ramelow, der am Mittwoch bei Thüringens Ministerpräsidentenwahl wiedergewählt wurde, sagte: „Wer Menschen erschießen will und von einer Revolution mit oder durch Gewalt schwadroniert, hat mit meinem Wertekanon nichts gemein. So eine Aussage auf einer Konferenz meiner Partei ist inakzeptabel und hätte nie lächelnd übergangen werden dürfen!“.
Unwidersprochene Ironie mit der Aussage, man wolle „das eine Prozent“ erschießen, sei für ihn ebenso nicht akzeptabel.
Der Linke-Politiker Oskar Lafontaine spricht auf seinem Facebook-Account aber nicht von einer aggressiven Rhetorik, sondern von einem gescheiterten Witz:
„Es ist eindeutig erkennbar, dass die Frau einen Witz machen wollte, der leider daneben ging und geschmacklos war“.
Der Entrüstung in den politischen Kreisen schließt er sich nicht an:
„Diese Reaktion zeigt wieder einmal die oft unglaubliche Verlogenheit und Heuchelei in der öffentlichen Debatte“, schrieb Lafontaine. „Diese Scheinheiligkeit ist wirklich unfassbar. Die Unterstützung von Mord und Totschlag ist fester Bestandteil der ‚westlichen Wertegemeinschaft‘ und der selbsternannten ‚demokratischen Mitte‘. Wer leichtfertig über das Erschießen von Reichen ‚plappert‘, erntet die ‚tiefe moralische Empörung‘ der ‚Moralapostel‘, die Waffenlieferungen, Krieg und Sozialabbau für einen unverzichtbaren Bestandteil einer verantwortungsbewussten Politik halten“, erklärt der Politiker seine Position weiter.
Auch die Partei der Vernunft soll den Wortbeitrag in Kassel eher als einen Scherz eingeschätzt haben:
„Linke will Reiche erschießen! Wir wollen dagegen Reiche aus aller Welt nach Deutschland locken, damit sie hier Geld in Unternehmen und Arbeitsplätze investieren. Eine Willkommenskultur für Reiche sozusagen”
Viele Internet-User haben ihrerseits ebenso Ärger und Erstaunen über die Wortmeldung der Linke geäußert – auch wenn diese nur ein Scherz sein soll.
„Hab mir das Video angeschaut. Auch wenn es ein Scherz war und das auch deutlich zu erkennen ist, so etwas öffentlich zu machen, bei diesem Standing der Partei, war absolut nicht klug. Damit disqualifiziert man sich eher für Koalitionen“, schrieb Silvi De in einem Facebook-Kommentar zu einen themenbezogenen Post der FAZ.
„Ganz links ist auch nicht besser als rechts - wie man über viele Jahre (weltweit) beobachten konnte“, kommentiert Elke Zacharias.
„Sie soll das ‚erkennbar ironisch‘ gemeint haben? Im Video sagt sie außerdem ‚ja is so‘ und man müsse von der ‚Metaebene runter kommen‘. Das klingt verdammt ernst.“, so ein weiterer User.
„Toller ‚Scherz‘. Wie heißt es doch: Aus Worten werden Taten“.
„Nach Hanau und Zeiten rechter Gewalt, scheint dann auch der Linken das Fingerspitzengefühl verloren zu gehen. Gewalt ist zu verurteilen und solche Aussagen, egal ob "im Scherz" oder ernst gemeint, sind vollkommen unangebracht. Vor allem wenn man sich über die radikalisierende Sprache der Rechten aufregt“, resümiert Maria Ries.
sm/gs