Die Belegschaften in Deutschland werden zunehmend kampfeslustiger. Dies zeigt eine Studie des unternehmernahen Institut der deutschen Wirtschaft. Von französischen Verhältnissen ist Deutschland jedoch noch weit entfernt: Die Forscher stufen die Bevölkerung im "oberen Mittelfeld" ein, was ihre Bereitschaft betrifft, die Arbeit niederzulegen. Den ersten Platz belegen unerwartet die Dänen.
Wie RT Deutsch bereits im März unter Berufung auf die Hans-Böckler-Stiftung berichtete, war das Streikjahr 2015 für Deutschland außergewöhnlich intensiv. Dies bestätigt nun auch eine Langzeit-Untersuchung des unternehmernahen Institut der deutschen Wirtschaft. Demnach haben im vergangenen Jahr mehrere lange Streiks im Öffentlichen Dienst sowie bei Lokführern und Piloten die Ausfallzeiten in die Höhe getrieben. Deutschland habe seine Spitzenposition als "Hort des sozialen Friedens" inzwischen verloren, zitiert die Nachrichtenagentur dpa aus dem Forschungsbericht.
Insgesamt kamen sieben durch Streiks ausgefallene Arbeitstage auf 1000 Arbeitnehmer pro Jahr. Damit liege Deutschland im OECD-Vergleich nur noch „im gehobenen Mittelfeld“. In Japan, Österreich, Polen, Schweden, der Schweiz und Ungarn ging es demnach in dem untersuchten Zeitraum von 2006 bis 2015 deutlich friedlicher zu. Im OECD-Vergleich wird am meisten in Dänemark und Frankreich gestreikt. So fielen in Dänemark im Jahresdurchschnitt 120 Arbeitstage je 1000 Arbeitnehmer aus. Frankreich lag mit 117 knapp darunter.
Wie sich bei den aktuellen Protesten gegen den geplanten Sozialabbau zeigt, sind dort politische Streiks erlaubt. Hier sehen die Unternehmer den Grund dafür, dass in Frankreich schnell hohe Teilnehmerzahlen bei Streiks zusammenkommen. Im Vergleich zu den 1970er Jahren sind „politisch motivierte Generalstreiks“ aber seltener geworden, glauben die Studienautoren Hannah Busshoff und Hagen Lesch.
Am friedlichsten ging es im vergangenen Jahr laut IW-Studie in Japan, Österreich und der Schweiz zu. In Japan ging je 1.000 Arbeitnehmer gerechnet gar kein Arbeitstag verloren. In der Schweiz war es lediglich ein Tag und in Österreich waren es zwei Tage. Mit vier bis fünf Ausfalltagen zeigten sich auch Polen, Schweden und Ungarn weniger kämpferisch als die deutsche Bevölkerung. Deutschland liegt zusammen mit den USA und den Niederlanden im oberen Mittelfeld, was die Kampfbereitschaft seiner Beschäftigten betrifft.
Allein wegen der „häufigen Streiks im Jahr 2015“ war die Zahl der Ausfalltage pro 1.000 Beschäftigte von vier auf sieben gestiegen. Im Endeffekt wurde im vergangenen Jahr so viel gestreikt wie seit 20 Jahren nicht mehr. Vor allem trieben mehrere lange Streiks im Öffentlichen Dienst, bei Lokführern und bei den Piloten die Ausfallzeiten in die Höhe. In der Regel wird wegen zu geringer Löhne, ungerechter Arbeitsbedingungen oder schlechter Sozialleistungen gestreikt. In Deutschland soll auch 2016 weiter gestreikt werden. Zumindest drohen bei der Lufthansa weitere Streiks.