Zehn Städte auf der ganzen Welt veranstalten zum fünften Jahrestag der Festsetzung des WikiLeaks-Gründers Julian Assange in dieser Woche die Eventreihe „Zuerst holten sie Assange“. Mit dabei sind Noam Chomsky, Slavoj Zizek, Yanis Varoufakis, Patti Smith und andere.
Seit vier Jahren, dem 19. Juni 2012, kann Julian Assange die ecuadorianische Botschaft nicht mehr verlassen, die britischen Polizisten vor dem Gebäude sorgen dafür, denn in Schweden ist immer noch eine Verhandlung wegen Missbrauchsvorwürfen anhängig. Doch Assange vermutet, dass damit nur die Auslieferung in die USA erwirkt werden soll. Die US-amerikanische Regierung ist wenig begeistert von den Enthüllungen, für die der Wistleblower verantwortlich ist, und welche einige der größten Leaks dieser Art in der jüngeren Geschichte darstellen.
„Zuerst kamen sie, um Assange zu holen, dann für Chelsea Manning, dann holten sie sich Snowden… wer ist der Nächste?“, fragt die Publikation „Assange Week“, die sich mit dem Schicksal des Whistleblowers beschäftigt.
Dass es eine kritische Zeit für Whistleblower ist, glaubt auch Srećko Horvat, einer der Organisatoren des Events „First they came for Assange“. Jeder, der den finanziell und politisch Mächtigen im Weg steht, kann eines ihrer Ziele werden, warnt dieser.
Wir kommen ab dem 19. Juni überall auf der Welt zusammen, um unsere Unterstützung für Julian auszudrücken. Er hat für uns alle seine Stimme erhoben, bevor niemand mehr da ist, um dies zu tun“, so Horvat ein kroatischer Philosoph und Mitgründer der europäischen Demokratiebewegung DIEM25.
Die Inspiration für den Titel der Veranstaltungsreihe kommt von dem berühmten Dichter Martin Niemöller und beschreibe die Feigheit von Intellektuellen und die Bestrafung von Dissidenten.
Der britische Filmemacher Ken Loach, Gewinner der diesjährigen goldenen Palme von Cannes, ist einer der Redner bei der Solidaritätsveranstaltung und schloss sich dem Protest an, weil Assange ein „stolzer Mann in Isolation“ sei, der zeigt, dass „unser Rechtssystem manipuliert ist“. Loach fügt an:
Alle, die sich für die Freiheit der Information einsetzen, sollten fordern, dass die Drohungen gegen Julian ein Ende nehmen. Er sollte in der Lage sein, sein Asyl zu verlassen, ohne Angst haben zu müssen, verhaftet oder ausgeliefert zu werden.
Einige andere Redner der Eventreihe sind der amerikanische Philosoph und Linguist Noam Chomsky, der in Slowenien geborene Philosoph Slavoj Zizek, die Sängerin Patti Smith und der ehemalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis.
Der chinesische Künstler Ai Wei Wei, der Filmemacher Michael Moore, der britische Künstler Brian Eno sowie die die Sängerin PJ Harvey und der spanische Journalist Ignacio Escolar sind ebenfalls von der Partie. Unter den teilnehmenden Städten sind Athen, Belgrad, Berlin, Brüssel, Buenos Aires, Madrid, Mailand, Montevideo, Neapel, New York, Quito, Paris und Sarajevo. Assange selbst wird von seinem Exil in der ecuadorianischen Botschaft in London zugeschaltet.
Zum gestrigen Jahrestag seiner Verhaftung sind es nun schon 2022 Tage, die Assange im Botschaftsexil verbringt, obwohl sogar die Vereinten Nationen seine Festsetzung verurteilen. Die UN hatte Großbritannien und Schweden aufgerufen, Assange nicht weiter zu verfolgen und bezeichneten das Vorgehen der Behörden als unrechtmäßig.
Doch bis heute weigern sich beide Länder nachzugeben, obwohl die Erklärung der UN-Arbeitsgruppe rechtlich bindend für Großbritannien und Schweden ist. Assange wird in Schweden wegen des angeblichen sexuellen Missbrauchs zweier Frauen gesucht, Vorwürfe, die der WikiLeaks-Gründer stets zurückwies. Verschiedene andere Klagen gegen Assange wurden bereits fallengelassen, da sie verjährt sind. Sollte Assange sich in Schweden dem Prozess stellen müssen, droht ihm die Auslieferung an die USA, wo ihm Spionage vorgeworfen wird, als Folge der WikiLeaks-Veröffentlichung militärischer und diplomatischer Dokumente der US-Administration.
Die anhaltende Festsetzung auf engstem Raum hat auch nachteilige Auswirkungen auf Assanges Gesundheitszustand, so dessen Anwälte. Die Anwälte Thomas Olsson und Per Samuelsson berichten, dass ihr Mandant über Schmerzen an der Schulter klagt und eine dringende Zahnbehandlung benötigt, die im Botschaftsexil nicht durchgeführt werden kann.
Das bekannte Gedicht von Martin Niemöller:
"Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist. Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat. Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Gewerkschafter. Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte."
Martin Niemöller, evangelischer Theologe (1892-1984)