Die Spitze der Partei Die Linke freut sich über das Wahlergebnis im Saarland, auch wenn sie wie die SPD unter ihren Erwartungen blieb. Sie will aber ihre Lehren ziehen und Rot-Rot-Grün auf Bundesebene nicht aus dem Blick verlieren. Das hat Marcel Joppa für Sputnik am Wahl-Sonntag in der Parteizentrale, dem Berliner Karl-Liebknecht-Haus, erfahren.
Kurze Zeit später war dann klar: Die Linke blieb mit 12,9 Prozent der Wählerstimmen hinter den eigenen Erwartungen zurück. Damit machte die Saar-CDU einem rot-roten Vorhaben im Saarland einen Strich durch die Rechnung. Einen ersten Erklärungsversuch lieferte am Wahlabend dann Dietmar Bartsch:
„Ich glaube, dass es viele Gründe dafür gibt. Einmal war es sicher die Unentschlossenheit der Sozialdemokraten. Sie hatten sich nicht klar zu einem Bündnis mit der Linken bekannt, sondern sich alle Optionen offen gehalten. Und offenbar waren auch die inhaltlichen Angebote nicht gut genug.“
Deshalb müssten jetzt Lehren aus dem Saar-Ergebnis gezogen werden, so Bartsch weiter. Und das heiße vor allen Dingen: klare politische Ansagen. Enttäuscht waren die Linken im Karl-Liebknecht-Haus am Wahl-Sonntag auch über das Abschneiden der saarländischen SPD. Laut Bartsch wurde der „Schulz-Zug“ in Saarbrücken erst einmal abgebremst:
„Euphorie und Jubel reichen nicht. An der Wahlurne war es ganz anders, als uns durch die Stimmung angeblich suggeriert werden sollte. Ich erinnere mich an den ersten Auftritt von Martin Schulz an der Saar, da dachte ich an rund 90 Prozent Wahlergebnis. Doch die Realität ist eine ganz andere.“
Etwas optimistischer wertete die Co-Parteichefin Kipping den Wahlabend. Lächelnd unterhielt sie sich nach der ersten Hochrechnung mit anwesenden Parteimitgliedern. Sie sehe den Abend eher mit einem lachenden statt mit einem weinenden Auge:
„Also zunächst einmal freue ich mich über das gute zweistellige Ergebnis der Linken im Saarland. Das Ergebnis im Saarland zeigt aber eins: Eine mögliche Gerechtigkeitswende kann nur gelingen, wenn alle Akteure mit dabei sind. Im Saarland haben es die Grünen nicht geschafft. In Nordrhein-Westfalen versuchen jetzt SPD und Grüne als oberstes Wahlziel, die Linke rauszuhalten. Und sowas führt am Ende nur dazu, dass die CDU an der Macht bleibt – oder womöglich an die Macht kommt.“
Eine große Koalition werde der Politikverdrossenheit in Deutschland nichts entgegenzusetzen haben, so Kipping. Insofern heiße eine Lehre ganz klar: Die Gerechtigkeitswende brauche alle – SPD, Grüne und eine starke Linke. Das Ergebnis der Alternative für Deutschland (AfD), die mit 6,2 Prozent erstmals knapp den Sprung in den saarländischen Landtag geschafft hat, kommentierte die Co-Parteivorsitzende der Linken teilweise erleichtert:
„Mit Blick auf die AfD kann man vor allem eins sagen: Ihr Zenit ist überschritten und das ist eine Entwicklung, die mich freut. Das ist kein Grund, sich jetzt zurückzulehnen und zu sagen, wir hätten jetzt kein Problem mehr mit dem Rechtpopulismus. Aber man muss jetzt auch nicht in hektische Panik verfallen.“
Die Landtagswahl im Saarland war nur der Auftakt zu einem ereignisreichen Wahljahr. Am 7. Mai wird in Schleswig-Holstein ein neues Parlament gewählt. Am 14. Mai folgt Nordrhein-Westfalen. Das Finale ist dann die Bundestagswahl am 24. September. Am vergangenen Wahlabend im Karl-Liebknecht-Haus waren diese Termine natürlich mehr als präsent. Co-Parteichef Riexinger sah allerdings große Unterschiede zwischen der Saar-Wahl und den kommenden Urnengängen:
„Dort steht natürlich nicht unmittelbar Rot-Rot an. Wir werden dort also noch mehr Wert darauf legen, einen eigenständigen Wahlkampf für unsere Ziele zu machen. Wir müssen deutlich machen, dass wir klare Konzepte für soziale Gerechtigkeit haben — auf der landes- und auf der bundespolitischen Ebene.“
Außerdem, so Riexinger, müsse seine Partei von der SPD klare Konzepte einfordern. Denn Martin Schulz habe sich bisher weder inhaltlich klar positioniert noch habe er eine eindeutige Koalitionsaussage für die Zeit nach der Bundestagswahl getroffen. Die Wahl im Saarland hat aber auch gezeigt, dass mit Sympathien Wählerstimmen zu gewinnen sind: CDU-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer hat im Saarland große Beliebtheitswerte und auch der dortige Linken-Fraktionschef Oskar Lafontaine steht bei den Wählern weiterhin hoch im Kurs.
Sollte also im Wahlkampf mehr auf Köpfe als auf Inhalte gesetzt werden? Der Co-Parteivorsitzende winkte ab: „Wir werden beides machen. Wir haben unsere Spitzenkandidaten gewählt und natürlich werden wir die auch in den Vordergrund rücken. Aber die Linke ist eine Partei, die auch ganz stark wegen ihrer Inhalte gewählt wird. Sie hat die Funktion in dieser Gesellschaft, für soziale Gerechtigkeit zu kämpfen. Wir werden auch deutlich machen, dass wir für einen Politikwechsel zur Verfügung stehen.“
Deshalb stehe die Linke für eine Regierungsbeteiligung auf Bundesebene zur Verfügung. betonte Riexinger. Das Ziel sei, wirklich etwas zu verändern. Der Maßstab dabei: dass es Millionen von Menschen in Deutschland besser gehen müsse. Einen Rat wollte die Linke am Wahlabend dann noch der SPD mit auf den Weg geben: Martin Schulz müsse in seinen Zielen konkreter werden, sonst würde der Hype um ihn nicht mehr lange anhalten. Kurz nach diesem Apell leerte sich das Karl-Liebknecht-Haus am Wahlsonntag recht schnell – eine richtige Feierstimmung wollte eben doch nicht so recht aufkommen.
Bericht und Interviews: Marcel Joppa