Im gerade veröffentlichten Geschäftsbericht der Commerzbank für das Jahr 2022 wird ein Atomschlag gegen „Mainhattan“ als Risikoszenario benannt. Hier enthüllen wir die Nuklearwaffenplanung der USA gegen Deutschland.
Manche Leser dachten an einen Scherz oder an eine boulevardeske Übertreibung, als COMPACT-TV gestern Abend titelte „Commerzbank fürchten Atombomben auf Frankfurt“. Doch das war nicht der Fall – das Szenario kommt genau so vor im gerade veröffentlichten Geschäftsbericht der Commerzbank für das Jahr 2022. Die „Welt“ fasst den Bericht der Banker unter der Überschrift „Warum sich die Commerzbank eine Apokalypse für Frankfurt ausmalt“ zusammen: „Den eben noch reichlich bevölkerten Opernplatz versengt eine viele Tausend Grad heiße Feuerblase, eine gigantische Druckwelle fegt die umliegenden Hochhäuser wie Dominosteine hinweg, und wenige Minuten später steigt über der Frankfurter Innenstadt ein Atompilz auf. Was klingt wie ein allzu apokalyptischer Film, ist offenbar ein durchaus ernst zu nehmendes Szenario. Jedenfalls für die Commerzbank. Das legt jedenfalls ihr jüngst veröffentlichter Geschäftsbericht für das Jahr 2022 nahe. Rund 40 der insgesamt 324 Seiten widmet die Bank dem Umgang mit diversen Risiken. Dabei führt sie auch Ereignisse auf, deren Eintritt die eigene Geschäftstätigkeit grundsätzlich erschweren würden.“
Bei diesem Szenario mag man zunächst an einen russischen Vergeltungsschlag denken, etwa um das Nervenzentrum des deutschen und europäischen finanzwesens auszuschalten. Doch auch die USA sind als Täter vorstellbar. Darüber berichten wir in unserer Spezial-Ausgabe „USA gegen Deutschland – der hundertjährige Krieg“. Im folgenden ein Auszug.
Alle Argumente für „Ami go home“ finden Sie in dieser COMPACT-Spezialausgabe.
1950er-Jahre
„Ein geheimes Planungspapier des US-Militärs von 1956 enthüllt hunderte Atombombenziele in der DDR: in Ostberlin 68, Leipzig 37, Jena 11. Von der DDR wäre nichts weiter übrig geblieben als eine atomar verseuchte Wüste. Eisleben, Hettstedt, Bad Salzungen, Magdeburg, Bautzen, Cottbus, Borna, Berlin, Rostock, Dresden… In der Logik von US-Militärstrategen waren das alles lohnende Atombomben-Ziele. Laut eines geheimen Planungspapiers des Strategischen Luftkommandos der USA aus dem Jahr 1956 gab es hunderte Ground Zeros in der DDR. Industrie- und Wohngebiete sollten systematisch mit Atombomben zerstört werden, nachdem in einer ersten Phase wichtige Flugplätze mit Wasserstoffbomben ausgelöscht wurden.“ (MDR-Geschichte, „US-Atombomben auf die DDR“, 14.12.2020)
„So hätte die Detonation einer 100-Kilotonnen-Bombe in Dessau nach den Prognosen der Internet-Seite $Nukemap$ nicht nur fast 9.000 Tote und 50.000 Verletzte in der Stadt selbst gefordert. Darüber hinaus wäre der radioaktive Fallout von hier aus bis nach Schwedt geweht. Nach einem Abwurf über Merseburg wären dort direkt mehr als 10.000 Menschen gestorben. Am Fallout bei Westwind in den Folgetagen aber noch viel mehr im benachbarten Leipzig.“ (Mitteldeutsche Zeitung, 13.2.2016)
1960er-Jahre
„Im Leben eines Wissenschaftlers kann es Entdeckungen geben, die ihm den Atem stocken lassen. Der Münchner Historiker Detlef Bald muss einen solchen Moment erlebt haben, als er in meterlangen verstaubten Aktenregalen Papiere fand, die es eigentlich gar nicht geben dürfte. Original verpackt – niemand hatte diese Dokumente mit dem Vermerk ‚Streng geheim’ je in der Hand gehabt, nachdem sie eingelagert worden waren. (…) Die Geheimdokumente, die der 67-jährige Experte in verschiedenen Magazinen sowie im Privatarchiv von Altbundeskanzler Helmut Schmidt ausgegraben hat, beweisen, was weltweit nur ‚etwa zwei Dutzend Menschen gewusst haben‘: In der Bundesrepublik lagerten ab Mitte der 1960er-Jahre Atombomben. ‚In etwa zehn Depots entlang der innerdeutschen Grenze befanden sich etwa 700 Sprengsätze. Später wurden diese in Lager in den Regionen um Stuttgart und Frankfurt verteilt“, ergeben Balds Forschungen. (…) ‚Sie waren für den nuklearen Ersteinsatz geplant‘, sagt der Historiker, bis 1996 Wissenschaftlicher Direktor am Sozialwissenschaftlichen Institut der Bundeswehr in München. (…) Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger und US-Präsident Lyndon B. Johnson unterzeichneten 1968 ein Geheimabkommen, das per Sonderboten überbracht wurde. (…) Auf Grundlage festgelegter Einsatzszenarien hätte der Anruf des betroffenen deutschen Kommandeurs beim amerikanischen Oberbefehlshaber im europäischen NATO-Hauptquartier genügt, um die Erlaubnis zum Zünden der vernichtenden Kraft zu erhalten. ‚Kein deutscher, kein amerikanischer Politiker hätte zustimmen müssen. Sie hätten nicht einmal gefragt werden müssen’, so Bald.“(Focus, 15.11.2013)
1980er-Jahre
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Günther Leonhart nahm 1985 am Manöver Wintex (Winter Exercise – Winterübung) teil, das im atombombensicheren Regierungsbunker bei Dernau an der Ahr stattfand. Der ehemalige Kreuznacher Bürgermeister war zur Geheimhaltung verpflichtet worden, doch was er erlebte, war so furchtbar, dass er es kurz darauf seiner Fraktion und dann auch dem $Spiegel$ offenbarte. „Den Regierungschef spielte Waldemar Schreckenberger, Staatssekretär im Kanzleramt und alter Freund von Helmut Kohl. Als Verteidigungsminister fungierte Manfred Wörners Staatssekretär Lothar Rühl. (…) Rühl berichtete, die Armeen des Warschauer Paktes seien im Vormarsch, die Bevölkerung fliehe in Richtung Westen. Die Bundesregierung habe Frankreich gebeten, die Flüchtlinge aufzunehmen, doch Paris habe abgelehnt und die Grenzen geschlossen. Auch die Engländer hätten den Beistand verweigert.“ Leonhart unterbrach die Herren: „Wenn das so ist, wann hissen wir denn die weiße Fahne, Herr Schreckenberger?“ Daraufhin der „Staatssekretär mit dem lieben Lächeln“: „Herr Abgeordneter, wir kapitulieren nicht!“ – „Was raten Sie mir, Herr Minister?“, fragte Schreckenberger seinen Staatssekretärskollegen. Rühl antwortete, wie es das Manöver-Szenario befahl: „Herr Bundeskanzler, ich rate Ihnen, den Einsatz von Atomwaffen anzufordern.“ Schreckenberger nickte. „Dann“, so Leonhart, „war die Übung zu Ende.“ Der $Spiegel$ sarkastisch: „Auf der großen Weltkarte aber malten trotz des atomaren Holocaust die Offiziere Geleitzüge im Atlantik, die amerikanische Verstärkung nach Europa bringen sollten.“ Man bedenke: Der Warschauer Pakt war in diesem Szenario nur konventionell vormarschiert – der Atomeinsatz der NATO war ein Ersteinsatz. (Zitate aus Spiegel, 23.5.1986)
„‚Ich bin wahrscheinlich der Einzige hier im Saal, der Atomkriegs-Erfahrungen hat.‘ Er hoffe, dass er mit diesem Eingeständnis kein Staatsgeheimnis verrate. Diese Enthüllung machte der frühere Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, der CDU-Abgeordnete Willy Wimmer, während der von der Juristenvereinigung IALANA und zahlreichen weiteren Organisationen (…) veranstalteten Tagung „Frieden durch Recht?“, die am 26./27. Juni 2009 in der Berliner Humboldt-Universität stattfand.
MdB Wimmer bezog sich dabei auf seine Teilnahme als sogenannter Verteidigungsminister Üb an der NATO-Übung Wintex/Fallex im Jahre 1986 im damaligen Atombunker („Dienststelle Marienthal“) der Bundesregierung tief unterhalb der Weinberge nahe dem rheinland-pfälzischen Ahrweiler-Bad Neuenahr. Wie Wimmer weiter erklärte, habe im Verlaufe dieser NATO-Übung das NATO-Hauptquartier in Brüssel um Zustimmung der zuständigen deutschen Stellen zu einem Einsatz von Nuklearwaffen gegen Ziele in der damaligen DDR ersucht, unter anderem gegen Dresden und eine weitere ostdeutsche Großstadt. Er, Wimmer, sei von dieser Anforderung völlig überrascht worden und sei entsetzt gewesen. Er habe es abgelehnt, an der Planung eines Atomwaffeneinsatzes auf Ziele in Ostdeutschland und damit gegen die ostdeutsche Bevölkerung – wenn auch ‚nur‘ übungsweise – mitzuwirken. In dieser Situation habe er sofort Kontakt mit dem damaligen Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl (CDU) aufgenommen und ihn von diesem für ihn unerhörten Vorgang in Kenntnis gesetzt. Bundeskanzler Kohl habe daraufhin entschieden, dass sich die Vertreter der Bundesregierung sofort aus der weiteren Übung zurückziehen und sich keinesfalls an diesen nuklearen Planspielen gegen Ziele wie Dresden und andere ostdeutsche Städte beteiligen sollten. Deutschland habe, so Wimmer, deshalb seine weitere Mitwirkung an dieser NATO-Übung – vier Tage vor ihrem Ende – eingestellt. Die Übung sei dann – ohne deutsche Beteiligung – fortgesetzt worden. Niemand habe davon etwas in der Öffentlichkeit erfahren. In den Folgejahren habe es weitere Wintex/Fallex-Manöver der NATO gegeben, die im Regierungsbunker bei Ahrweiler stattgefunden hätten. Erst nach dem Fall der Berliner Mauer seien diese 1990 endgültig eingestellt worden.“ (Blätter für deutsche und internationale Politik, September 2009)
Mitte März 2022 beschloss die Bundesregierung überfallartig die Anschaffung von mindestens 35 F-35 Kampfjets des US-Herstellers Lockheed Martin – die erste Investition aus dem von Kanzler Scholz am 27. Februar durchgedrückten 100-Milliarden-Euro-Topf für die Aufrüstung. Das Kampfflugzeug kann mit Atomwaffen aus dem US-Stützpunkt Büchel/Rheinland-Pfalz bestückt werden. Foto: IMAGO/ZUMA Wire
Gegenwart
Journalist: „Eine Frage an das Verteidigungsministerium: Hatte die Ministerin bei ihrer ausgesprochenen Drohung in Sachen Einsatz von Atomwaffen auch an die in Deutschland lagernden Atomwaffen gedacht? Das würde ja automatisch ein Ziel der Gegenseite bedeuten und damit Deutschland auslöschen.“
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