Seine Thesen und Aussagen sind alarmierend – und oft gelogen: Gesundheitsminister Karl Lauterbach
von Jonas Aston
In einer Studie von BionTech wird die Immunität von Geimpften untersucht, die sich anschließend mit Omikron infiziert haben. Das Ergebnis: Geimpfte, die sich anschließend mit Omikron infizierten, sollen einen umfassenden Immunschutz gegen verschiedene Varianten besitzen.
Die Studie untersucht zwar nur eine sehr kleine und sehr spezielle Gruppe, sie widerspricht aber einigen Thesen, die Karl Lauterbach gerne verbreitet. Lauterbach behauptete zuvor, dass die Omikron-Infektion wenig Immunität gegen andere Varianten biete. Das wurde hier de facto widerlegt. Auch seine Verkürzung des Genesenenstatus erscheint so in einem völlig neuen Licht.
Karl Lauterbach twittert diese Studie – bezieht sich aber nicht auf diese zentrale Erkenntnis, sondern auf einen einzigen spekulativen Satz aus der Studie: „Wichtige Studie von BionTech und Sandra Ciesek zeigt, dass eine zukünftige Omicron Impfung auch Schutz gegen andere Varianten geben dürfte. Das ist eine sehr gute Nachricht. Damit käme man einem Ende der Pandemie durch Impfungen einen Schritt näher.“ Tatsächlich heißt es in der Studie in einem einzigen Satz ganz am Ende:
„Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Daten zwar auf Proben von Personen basieren, die infolge einer Infektion dem Omicron S-Protein ausgesetzt waren, unsere Beobachtungen jedoch darauf hindeuten, dass ein an das Omicron S-Protein angepasster Impfstoff das B-Zell-Gedächtnisrepertoire in ähnlicher Weise umgestalten könnte und daher vorteilhafter sein könnte als eine erweiterte Reihe von Auffrischungsimpfungen mit den bestehenden Wuhan-Hu-1-Spike-basierten Impfstoffen.“
Heißt: Da die Omikron-Infektion auch eine Immunität gegen andere Varianten erzeugt, würde das eine in der Zukunft entwickelte Impfung, die auf Omikron ausgerichtet ist, vermutlich auch leisten können. Dieser Satz ist aber völlig spekulativ und logischerweise nicht überprüfbar, da es eine solche neue Omikron-Impfung ja noch gar nicht gibt.
Doch Lauterbach macht eine zentrale Erkenntnis daraus. Selektive Wahrnehmung im Endstadium. Bei ihm passt eben alles ins Narrativ – im Zweifel wird es entsprechend gedreht. Und so wird aus einer Studie, die die Wirksamkeit von Immunität nach einer Infektion analysiert, eine Werbung für die vierte Impfung destilliert. Der Konjunktiv macht’s möglich.
Mit dem Schlagwort „Halbwahrheiten“ diskreditiert die Bundesregierung ihre Kritiker in der Corona-Frage schon lange. Dabei ist keiner so konsequent dabei, welche zu verbreiten wie Gesundheitsminister Karl Lauterbach, wie dieses Beispiel zeigt. Die Halbwahrheit hat bei ihm System: Denn Lauterbach orientiert sich an Schlagzeilen – nicht unbedingt an der ganzen Wahrheit. Die Liste seiner kolossalen Irrtümer ist lang – komischerweise ändert das bei vielen wenig an ihrem fast religiösen Glauben an seine Äußerungen.
Gleich zu Beginn der Corona-Pandemie äußerte Lauterbach mitunter völlig Absurdes. Bei Markus Lanz erklärte der SPD-Gesundheitsexperte, dass Staubsaugerbeutel das beste Material seien, um selbst Atemschutzmasken herzustellen. Das Unternehmen Swirl warnte vor den Äußerungen Lauterbachs. Man verwende gesundheitsgefährdende Stoffe wie Zink-Pyrithion und Aktivkohle. Die Drogeriekette „dm“ wies darauf hin, dass beim Aufschneiden der Beutel schädliche Stoffe freigesetzt werden können. Sein Vorstoß sei „lediglich ein Vorschlag“ gewesen, äußerte Lauterbach zu einem späteren Zeitpunkt.
Vor knapp einem Jahr behauptete Karl Lauterbach bei Maybrit Illner: „7 Prozent der Kinder, das ist unstrittig, die sich infizieren, entwickeln Long-Covid-Symptome.“ Auch diese Aussage stellte sich als falsch heraus. Dem Sprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte Dr. Jakob Maske zufolge müsse man „mit einer sehr, sehr großen Lupe suchen, um Fälle von Long Covid bei Kindern zu entdecken“. Daten, wie viele Kinder in Deutschland tatsächlich an Long Covid leiden, liegen nicht vor.
Die Behauptung, dass die Patienten auf den Intensivstationen immer jünger werden, ist mit Daten ähnlich gut unterfüttert – nämlich gar nicht. Lauterbach sagte: „Diejenigen, die jetzt auf den Intensivstationen behandelt werden, sind im Durchschnitt 47 bis 48 Jahre alt. Die Hälfte von denen stirbt. Viele Kinder verlieren ihre Eltern. Das ist eine Tragödie.“ Diese Äußerungen, mit denen er Millionen Bürger in Angst versetzte, wurde gestützt auf „persönliche Gespräche“ bzw. Hörensagen – so ruderte er später jedenfalls zurück.
Seine gebrochenen Versprechen bezüglich Lockerungen und der Stellung von Ungeimpften sind inzwischen legendär. „Es wird keinen zweiten Lockdown geben“, sagte Lauterbach im Sommer 2020. Ein gutes Jahr später bezeichnete er diese Forderungen nach einem „Freedom Day“ als „unethisches Massenexperiment“. Nun fordert der Gesundheitsminister die Länder auf, die umstrittene Hotspot-Regelung anzuwenden.
Zunehmend wurde damit begonnen, die Ungeimpften für die Fortsetzung für schuldig zu erklären. Noch am 14. Juli 2021 erklärte Lauterbach: „Wenn Ungeimpfte teure Tests zahlen müssen, die sie 2-3-mal pro Woche zahlen müssen, würden wir Ärmere zur Impfung zwingen. Das wäre unfair. Wir müssen sie überzeugen.“ Am 25. September 2021 begrüßte er dann plötzlich das Ungeimpften-Mobbing: „Die Mehrheit findet 2G gut.“ Am 11. Oktober 2021 wurden Tests kostenpflichtig. Gleichzeitig waren sie Eintrittskarte zur Teilnahme am öffentlichen Leben. Ab dem 4. Dezember 2021 waren Tests zwar wieder kostenlos, jedoch galt dann die 2G-Regel, womit die Tests auch nichts mehr bedeuteten.
Wenige Wochen nach seiner Staubsaugerbeutel-Aussage, verlautbarte Lauterbach auf seinem Twitter-Account noch: „Eine Impflicht (sic) macht bei SarsCov2 so wenig Sinn wie bei Grippe. Wenn die Impfung gut wirkt wird sie auch freiwillig gemacht. Dann keine Impflicht nötig. Wenn sie viele Nebenwirkungen hat oder nicht so gut wirkt verbietet sich Impflicht“. Das „Nein“ zur Impfpflicht schien lange die einzige Konstante in der Corona-Politik zu sein. Doch all die Beteuerungen waren nur eine Beruhigungspille gegen die Impfangst der Bevölkerung. Der einstige Impfpflichtgegner wurde zu deren entschiedenstem Verfechter.
Auch die Sprache wurde immer drastischer. Es ist noch nicht lange her, als der Gesundheitsminister die Menschen lediglich überzeugen wollte. Inzwischen hat er die Taktik gewechselt. Beschimpfung ist das neue Mittel der Wahl. Lauterbach wird zunehmend ungehalten mit all jenen, „die gar nichts bereit sind zu opfern, die sich nicht impfen lassen, die Debatte nicht ernst nehmen, die außer stören keinen einzigen konstruktiven Beitrag im Verlaufe der gesamten Pandemie haben leisten können“. Hinzu kommt die Beschimpfung der Ungeimpften als „Geiselnehmer“.
Lauterbachs Aussagen zur Impfung sind regelmäßig so widersprüchlich wie falsch. Am 31. Oktober 2021 sagte Lauterbach „Eine Booster-Impfung für alle wäre jetzt auf keinen Fall sinnvoll (…) wir haben keinen medizinischen Grund den Booster für alle anzubieten.“ Am 17. November 2021 sagte Lauterbach: „es ist klar, seit ein paar Monaten, dass wir jeden Erwachsenen boostern müssen“. Mit dem Booster sei die Impfserie dann aber abgeschlossen. Jüngst forderte Lauterbach die EU-weite vierte Impfung für über 60-Jährige.
Vor rund 6 Monaten sprach Karl Lauterbach von einer „nebenwirkungsfreien“ Impfung. Doch schon damals war bekannt, dass selbst nach offiziellen Daten des Paul-Ehrlich-Instituts die Impfung zu einer weit überdurchschnittlichen Häufung von Nebenwirkungen führt. Inzwischen verdichten sich die Hinweise, dass die Zahlen des Paul-Ehrlich-Instituts weit untertrieben sind.
Angst und Schrecken verbreitete der Gesundheitsminister letzten Herbst mit dieser Behauptung: „Klar ist aber, dass die meisten Ungeimpften von heute bis dahin entweder geimpft, genesen oder leider verstorben sind, denn das Infektionsgeschehen mit schweren Verläufen betrifft vor allem Impfverweigerer.“
Lauterbach schwindelt nicht nur gegenüber der Öffentlichkeit. Dreist versprach er etwa den Mitgliedern des Bundesrates, das RKI werde den Genesenenstatus schon nicht über Nacht ändern, wenn diesem dazu jetzt die Kompetenz erteilt wird. Wenige Stunden später änderte das RKI die Dauer des Genesenenstatus von sechs auf drei Monate – Lauterbach will dann von nichts gewusst haben. Personelle Konsequenzen beim RKI gibt es auch keine.
Seine Behörden arbeiten in der Aufarbeitung der Impfschäden schlampig. Als die BKK-ProVita-Krankenkasse mit einer umfangreichen Datenanalyse darauf hinweist, entbrennt ein medialer Shitstorm. Der zuständige Vorstand wird fristlos entlassen – ohne, dass man ihm wirkliches Fehlverhalten nachweisen konnte. Das Paul-Ehrlich-Insititut musste sich keiner Überprüfung unterziehen – und ging nur kurze Zeit später sogar einen Schritt weiter: Die Datenbank zu den Impfschäden wurde geschlossen. Das würde die EU ja sowieso erledigen. Ist ja auch nicht so wichtig.
Und Lauterbach? Der hat den Vorgang so in Erinnerung: In einem Gespräch bei Bild Live bringt er die BKK-Affäre von sich aus ins Spiel – als Beweis, dafür, dass es keine Untererfassung der Impfschäden gäbe. Der zuständige Vorstand sei schließlich zurückgetreten. Die Halbwahrheit hat eben System: Lauterbach nimmt die Sache mit der Wahrheit konsequent spielerisch. Wie viel kann ich mir erlauben, ohne dass es mir auf die Füße fällt? Das Ergebnis: sehr viel. Zu viel.