Russophobie: Dieser russische Supermarkt in Oberhausen wurde bereits mehrfach attackiert
Dieselben, die noch vor anderthalb Jahren im Kontext der „Black-Lives-Matter”-Proteste jegliche Form von „gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit”, von „Diskriminierung“ und „Rassismus“ einzelner Personen (in Gegenwart oder Vergangenheit) aufgrund deren Zugehörigkeit zu irgendeiner Bevölkerungsgruppe bis aufs Messer zu bekämpfen entschlossen waren, verfallen nun selbst in übelste, primitivste rassistische Verhaltensmuster.
Deutschland eignet sich als willkommenes Studienobjekt zur endgültigen Verifizierung des Milgram-Experiments oder des „Die Welle”-Romanplots: Nach entsprechender „Einordnung”, Zuspitzung und Befeuerung durch die Massenmedien folgt das „Pack der Selbstgerechten“ bereitwillig den zeitgeistadäquaten, gerade aktuellen vorgestanzten Freund-Feind-Schablonen. Persönlicher Bezug zu Konfliktparteien, irgendwelche Hintergrundkenntnisse sind dabei nicht nötig. Sobald wildfremde Menschen optisch-farblich, vom Pass oder Namen her dem definierten Opferbild entsprechen, werden sie umarmt und bekniet – wahlweise aus Scham oder Solidarität. Und wenn wildfremde Menschen dem definierten Feindbild entsprechen, dann werden sie bespuckt und verdammt. Vermutlich nicht von ungefähr unterscheidet im Deutschen Achtung und Ächtung nur ein Umlaut.
Zum Glück hatten wir „nur” rund sechs Monate Zeit, die staatlich erwünschte Ausgrenzung und Anfeindung einer Minderheitengruppe zu erlernen – als es nämlich vor den Russen zuletzt die Ungeimpften waren, denen der Hass der „Mehrheitsgesellschaft” entgegenschlug – und die meisten Deutschen hatten das, wozu sie von ihren eigenen Politikern eifrig aufgefordert und ermuntert wurden, nämlich das möglichst konsequente Ausschließen der neuen Volksfeinde aus der Gesellschaft, noch nicht zur Vollendung gebracht; noch hatten sich viele die Skrupel nicht abtrainiert, die ihnen regierungsseitig eröffneten Freibriefe zum Demütigen und Beleidigen von Impfskeptikern hemmungslos auszuleben. Ansonsten würden die nunmehrigen Volkszorn-Animositäten gegen Russen vermutlich in weitaus mehr Gewalttaten ausufern. Trotzdem raten derzeit russischsprachige Mitbürger ihren Kindern, auf der Straße besser nicht mehr russisch zu sprechen oder Alias-Namen zu verwenden, um anklagende Fragen zu vermeiden.
Doch was bereits seit nur gut einer Woche abläuft, ist schon wieder schlimm genug: Schüler mit russischem Hintergrund müssen sich vor ihren Klassenkameraden in Distanzeritis üben und Putin abschwören; russische Künstler, die sich nicht zu Wutreden gegen Russland bereiterklären (selbst wenn sie, wie Anna Netrebko, ihre Ablehnung des Krieges bekunden) – werden gefeuert und boykottiert; Ärzte behandeln „Russen und Weißrussen“ nicht; reihenweise werden Russen gemobbt, geschnitten, in Restaurants nicht mehr bedient oder sehen sich gar massiven Anfeindungen bis hin zu körperlichen Übergriffen ausgesetzt – stets durch deutsche Haltungsnazis, die sie für einen Krieg in Haftung nehmen, für den sie genauso wenig können wie ihre nichtslawischen deutschen Alltagsankläger.
Dazu kommen noch die menschlichen Schicksale infolge der gegen Russland verhängten Sanktionen, die vom hiesigen „Solidaritäts-Volkssturm Ukraine” mit Genugtuung registriert werden – etwa Arbeitslose in in die Pleite getriebenen Firmen, die nichts mehr beziehen oder liefern dürfen; Menschen, die sich die Spritpreise nicht mehr leisten können und sich dafür von unverschämten grünen Doppelmoralisten auf Facebook den unsäglichen Hirnmüll anhören dürfen, jeder nichtgefahrene Kilometer entziehe „Putin das Geld für seinen Krieg”. So „haltungsstark” ist Deutschland – auch wenn wir uns mit den meisten Sanktionen ins eigene Fleisch schneiden und die Protestbekundungen aus der sicheren Auslandsetappe fast so heldenhaft anmuten wie die Begeisterung des gestandenen NATO-Brigadegenerals Erich Vad über das heldenhafte Aufblasen von Luftballons als Protestaktion gegen die russische Armee bei „Maybritt Illner”.
Besonders hart trifft es russische LKW-Fahrer, die in Deutschland gestrandet sind – weil sie wegen Sperrung ihrer Kreditkarten nicht mehr tanken können und überall unerwünscht sind. Was die entartete Entschlossenheit zum „Zeichen setzen“ für die konkret betroffenen Opfer bedeutet, zeigt sich derzeit im nordrhein-westfälischen Plettenberg: Auf dem dortigen Firmenparkplatz des Automobilzulieferers Linamar, im Stadtteil Köbbinghausen, sitzen seit Ende Februar zunächst drei, inzwischen sogar vier russische Lkw-Fahrer fest, weil sie aus den genannten Gründen nicht tanken und weiterfahren können. Zu ihrer Sicherheit (!) erlaubt ihnen Linamar, auf dem Firmenparkplatz auszuharren, und gestattet ihnen zudem die Nutzung der firmeneigenen Dusch- und Sanitärräume – ein Lichtblick in diesen Tagen, denn das Unternehmen pflegt weder Geschäftsbeziehungen mit Russland, noch war es Zielort der LKW-Fuhren.
Während im Netz manche unverbesserliche Deutsche über die Firma herzogen, dass diese „die Russen” beherberge und damit „die Sanktionen hintertreiben“ würde, gibt es zum Glück auch noch anständige Deutsche: Die von der politischen Großwetterlage völlig überrumpelten russischen Brummifahrer werden von Teilen der Einwohnerschaft Plettenbergs mit Lebensmitteln versorgt. Nach wie vor ist unklar, wie es für die Männer weitergeht – zumal auch ihre Folgeaufträge allesamt storniert wurden. Weder NRW-Landesregierung noch die Bundesregierung sieht sich bislang für Fälle wie diese zuständig; insgeheim empfindet man hier wohl sogar grimmige Schadenfreude.
Erst Ungeimpfte, dann Russen… und wer ist es morgen? Es gibt bei alledem nämlich eine brandgefährliche gesellschaftliche Dimension dieser Entwicklung, die die meisten der blauäugigen Haltungsritter und Gratismut-Pazifisten nicht auf dem Schirm haben: Was hier, zu ihrer Zufriedenheit, binnen weniger Tage vom Staat so konsequent umgesetzt wurde, ist ein Testlauf, eine Blaupause für die Möglichkeiten, die sich künftig für den Umgang mit jeder anderen unbotmäßigen „Kontrollgruppe“ anbieten werden. Sicherlich wird sich mancheiner noch an Filme wie „Staatsfeind Nr. 1“ oder „Spurwechsel“ erinnern – die zwar rund zwei Jahrzehnte alt sind, aber ihrer Zeit weit voraus waren: Es ist heute tatsächlich ohne weiteres machbar, jeden Menschen weltweit „trockenzulegen”, seine Mobilität einzuschränken, ihn seiner bürgerlichen Existenz zu berauben – auf das auf Knopfdruck. Kreditkarten und Ausweisdokumente werden kurzerhand annulliert, Reise- oder Bewegungsverbote ausgesprochen oder Zutrittsberechtigungen verweigert. So kann potentiell JEDER durch politische Willkürakte von heute auf morgen zu Ausgestoßenen werden, ihre Informationsfreiheit kann beliebig eingeschränkt werden.
Doch es geht noch um mehr: Ebenfalls im Rahmen der Russland-Sanktionen hat die EU – unter frenetischem Applaus der regierenden deutschen Linksradikalen – vergangene Woche die russischen Sender, „Russia Today” und „Sputnik”, europaweit für sämtliche Plattformen verboten – und zwar angeblich zunächst nur solange, „bis die Aggression gegen die Ukraine beendet ist und bis die Russische Föderation und die mit ihr verbundenen Medien ihre Desinformations- und Informationsmanipulationsaktionen gegen die EU und ihre Mitgliedstaaten einstellen”, wie es heißt.
Dass dieses Schwert ein extrem zweischneidiges ist und man sich damit eben die Methoden des Feindes zu eigen macht (der Kreml ließ bekanntlich ebenfalls kritische Sender, vor allem den jugendaffinen Kanal „Doschd / Optimistic Channel„, schließen), ist den hehren Relativierern der „Freiheit“ schon gar nicht mehr bewusst. Erst ging es gegen Telegram, jetzt geht es gegen russische und morgen dann gegen russlandfreundliche freie Medien. Tatsächlich begibt sich der „freie Westen“ hier endgültig auf einen Pfad, der systemübergreifend in die Tyrannei führt. Wer Meinungen unterdrückt, weil sie ihm entweder als Wehrkraftzersetzung oder Feindpropaganda gelten (oder wie immer man dies in heutigen Analogismen schönreden will), braucht genau so wenig von Rede- und Meinungsfreiheit zu reden (die auch das Recht zum Verbreiten der Unwahrheit einschließt) wie ein Anhänger der Impfpflicht von körperlicher Selbstbestimmung.
Dass das erforderliche Instrumentarium für einen kafkaesken Totalitarismus längst zur Verfügung steht, scheint die meisten nicht zu beunruhigen. Sie wähnen sich in der trügerischen Sicherheit, die Macht hierzu läge bei uns im Westen ja in den Händen der „Richtigen” – der (zudem demokratisch legitimierten) Menschenfreunde. Selbst wenn dies, was bezweifelt werden darf, heute noch der Fall ist… was, wenn eines Tages nicht mehr? Seit zwei Jahren werden im Namen der „richtigen Sache“ (erst Infektionsschutz, dann Impfung, jetzt Pazifismus) kritische, rechtsstaatsinkompatible Methoden reaktiviert, die 50 Jahre lang zu recht als Tabu, als No-Go jenseits aller roter Linien galten – ganz einfach deshalb, weil sie schneller staatliches Unrecht hervorbringen, als es selbst wohlmeinenden Handelnden in ihrer beschränkten subjektiven Wahrnehmung bewusst ist (bzw. weil sie in den Händen Krimineller direkt in die Katastrophe führen).
Und später heißt es dann wieder: Wie konnte es soweit kommen? Die Antwort liegt schon heute auf der Hand: Weil man ausgerechnet in dem Land, das so obsessiv in seiner eigenen Geschichte gefangen ist, aus dieser Geschichte in Wahrheit nichts gelernt hat.