Kritik unerwünscht: Journalistin Anabel Schunke auf Facebook, Instagram und Twitter gesperrt
von Anabel Schunke
Als ich gestern morgen aufwachte und feststellte, dass sowohl mein Instagram- als auch mein Twitter-Account deaktiviert waren, kam mir spontan der Anfang von Kafkas „Der Prozess“ wieder in den Sinn. Denn ich fühlte mich ein bisschen wie Josef K., der gar nicht wusste, was er angestellt hatte: „Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne, dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet.“ Nun gut, verhaftet wurde ich nicht. Aber ich bin weg. Und meine Leser können meine Social-Media-Seiten nicht mehr aufrufen. Und daher dieser Beitrag zur Information für meine Leser und zum Teilen, damit möglichst viele wissen, was da passiert.
Vorab hatte mich Facebook schon für einen Monat gesperrt, weil ich mich gegen die Beleidigung eines Mannes auf meiner Seite zur Wehr gesetzt hatte. Warum – nachdem eine Zeit lang halbwegs Ruhe war – das Sperren jetzt in dieser Intensität betrieben wird, weiß ich nicht. Ich bin wohl jedoch derzeit nicht die einzige, die diese Sperrorgie betrifft.
Anders als bei Facebook, habe ich bei der zeitgleichen Deaktivierung von Twitter und Instagram zudem weder eine Begründung erhalten, noch eine Angabe zum Sperrzeitraum. Von Instagram erhielt ich auf meine Support-Anfrage lediglich die Antwort, dass ich mit meinem Account wohl gegen die „Terms of Use“ verstoßen hätte und dieser deshalb deaktiviert worden sei.
Eine Möglichkeit, daran etwas zu ändern, scheint es nicht zu geben. Wenn es nach Twitter und Instagram geht, sollen meine Accounts dauerhaft gelöscht bleiben. Eine Beschwerde bei Twitter blieb bis jetzt ohne Erfolg und ein Einspruch gegen die Entscheidung von Instagram ist gar nicht erst möglich, da ich mich dafür anmelden müsste, was mir mittlerweile von Instagram verwehrt wird.
Es ist schwer, Menschen, die die sozialen Medien nicht beruflich nutzen, zu erklären, was eine solche Sperre aus heiterem Himmel und ohne Grund für jemanden wie mich bedeutet. Mein Einkommen generiere ich im Wesentlichen über das, was ich auf meinen Social-Media-Kanälen täglich an Content für meine Leser liefere, die das mit Spenden fördern. Ohne diese Plattformen kein Inhalt, ohne Inhalt kein Einkommen. Eine dauerhafte Sperrung auf diesen Kanälen kommt damit einer Vernichtung meiner ökonomischen Existenz von heute auf morgen gleich.
Für einen privaten Nutzer dieser Seiten mag es mitunter einfach sein, sich abzumelden und auf Telegram oder der neuen Trump-Plattform GETTR eine neue virtuelle Heimat unter Gleichgesinnten zu finden, aber für mich bedeutet das Ende des Austausches über die eigene Bubble hinweg zugleich das Ende jeder Sinnhaftigkeit der sozialen Medien.
Mein Ziel war es immer, über die Blase der politisch interessieren Konservativen und Liberalen hinweg, Menschen für die von mir vertretenen Inhalte und für Politik an sich zu begeistern. Ich schreibe und poste nicht, um Kollegen zu gefallen, sondern um im Rahmen meiner eigenen begrenzten Möglichkeiten den Fokus auf Themen zu richten, die mir wichtig erscheinen und dabei eben auch neue Leser zu gewinnen. Vor allem Instagram gab mir die Chance dazu, die vermeintlich verlorene Generation der 18- bis 30-Jährigen thematisch anzusprechen und aufzuzeigen, dass es mehr gibt, als Links und Grün. Die wachsende Reichweite gab mir Recht.
All das aufzugeben, mich nicht mehr der Konfrontation in einem Raum zu stellen, auf dem viele verschiedene politische Ansichten vertreten werden und stattdessen nur noch meine Blase zu bedienen, kommt für mich einem Bankrott des demokratischen Diskurses und einem intellektuellen Inzest gleich, der mich sicherlich finanziell über Wasser halten würde, aber mir jedweden ideellen Wert meiner Arbeit und damit meine Motivation nimmt. Sicherlich wird der ein oder andere insistieren, dass man sich nicht in so hohem Maße abhängig von solchen Plattformen machen sollte und finanziell gesehen hat er damit sicherlich Recht.
Ab und zu frage ich mich auch, ob denjenigen, die gerne unliebsame Meinungen verschwinden lassen, tatsächlich bewusst ist, was sie damit anrichten. Ob man wirklich so wenig Weitblick besitzen kann, dass man nicht imstande ist, zu erkennen, dass man damit die endgültige Spaltung der Gesellschaft vorantreibt und eine Selbstradikalisierung bei vielen vorprogrammiert ist.
Der Zeitgeist entscheidet darüber, wer gerade am längeren Hebel sitzt. Wer heute über den einen richtet, indem er ihn cancelt, kann morgen schon selbst gecancelt werden. Genau aus dem Grund hat man einmal die Meinungsfreiheit und den liberalen Rechtsstaat erfunden. Aber von diesem Bewusstsein scheint nicht mehr viel übrig zu sein.
„Freiheit stirbt immer zentimeterweise“, zitierte Guido Westerwelle bei einer Rede einst Karl-Hermann Flach. Und genau deshalb empört sich niemand. Weil die Veränderungen schleichend kommen. Weil sie zunächst nur ein paar Leute wie mich betreffen. Und weil man da vielleicht noch sagt: „Die Schunke mochte ich eh noch nie.“ Aber Meinungsfreiheit ist nichts, was an persönliche Animositäten geknüpft ist. Sie ist vorhanden oder eben nicht.