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„Demokratie und Diktatur“ – Warum die Ostdeutschen da keine Belehrungen brauchen

swaine1988
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Autor: Georg Gafron
Quelle: https://www.anonymousnews.ru/2...
2021-08-02, Ansichten 1657
„Demokratie und Diktatur“ – Warum die Ostdeutschen da keine Belehrungen brauchen

17. Juni 1953: Panzer gegen Parolen

Der Autor Georg Gafron weiß aus seiner eigenen Lebensgeschichte, was Diktatur bedeutet. Er weist den Umgang von Merkels Ostbeauftragten mit den Ostdeutschen entschieden zurück und erklärt warum der Osten da keine dummen Belehrungen braucht!

von Georg Gafron

Und willst Du nicht mein Bruder sein…“. So lautete der Titel des ersten Bestsellers des britischen Historikers und Publizisten Timothy Garton Ash. Zwischen den Buchdeckeln sachlich-realistische Schilderung des Lebens in der DDR, des Alltags und der Repressionen unter der sozialistischen Diktatur der SED der späten 70er und frühen 80er Jahre. Jeder vollendet automatisch den Buchtitel mit dem dazugehörigen zweiten Teil des Satzes: „…dann schlag ich Dir den Schädel ein!“

In keinem Land des Sowjetimperiums war die Kontrolldichte des Regimes so perfekt und vollständig wie in der DDR. Garantiert wurde das von über einer Million hauptamtlichen und informellen Mitarbeitern des Ministeriums für Staatssicherheit, Hausbevollmächtigten der Volkspolizei, die mittels Hausbuch die Mieter und ihre sozialen Kontakte observierten und festhielten, Verantwortlichen der Massenorganisationen wie Jungpioniere, FDJ, GST, Deutsch-Sowjetische Freundschaft, Volkssolidarität, und somit jede Art von Spitzeln über das ganze Land und jeden Einzelnen.

Daß die SED einen solchen Überwachungsapparat brauchte, zeigt, daß der größte Teil der Deutschen in der DDR zu keinem Moment die Herrschaft der SED akzeptierte. In der sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR wurde das stalinistische Terrorregime vom ersten Tag an repressiv durchgesetzt. Die Herrschenden konnten niemals mit der Zustimmung einer Mehrheit ihrer Untertanen rechnen. Die Verweigerung freier Wahlen und die Unterdrückung jeglicher Opposition ist kennzeichnend für die Illegitimität der SED-Diktatur – vom ersten bis zum letzten Tag.

Wer die Deutschen in der DDR als Dikatur-affin bezeichnet, wie gerade jetzt durch den „Ostbeauftragten” der Bundesregierung Marco Wanderwitz (CDU) geschehen, zeigt ein Ausmaß an Geschichtslosigkeit und Nichtwissen, das man nur als Arroganz der Dummheit und Beleidigung eines ganzen Teiles unseres Volkes sehen muß.

Mit dem Volksaufstand vom 17. Juni 1953 bewiesen die Menschen zwischen Elbe und Oder ein Maß an Mut und Freiheitswillen, daß sich jegliche Diffamierung der Ostdeutschen schon aus Gründen des Anstands verbietet. Die Volkserhebung wurde unter den Ketten russischer Panzer und durch Schüsse aus Maschinenpistolen blutig niedergeschlagen. Viele sind dabei ermordet worden, Tausende verschwanden für viele Jahre in den berüchtigten Zuchthäusern der DDR. Die Antwort darauf war die sogenannte „Abstimmung mit den Füßen“: Über 3,5 Mio Menschen flohen aus dem „Paradies der Arbeiter und Bauern“ allein bis zum Sommer 1961. Nur durch den Bau der Berliner Mauer und die Installierung eines Todesstreifens durch Deutschland, die jeden Fluchtversuch zum tödlichen Wagnis werden ließ, konnte die SED ihre Herrschaft sichern. Und trotzdem verging kaum eine Woche ohne Fluchtversuche. In der Bundesrepublik bis 1989 wurden über eintausend von der DDR-Grenztruppe ermordete Flüchtlinge registriert. Die Dunkelziffer dürfte wesentlich höher sein, zumal die an den Grenzen sozialistischer Nachbarstaaten zum Westen Umgekommenen, sowie die in der Ostsee elendiglich Ertrunkenen nicht mitgerechnet sind. Zigtausende Jahre Zuchthaus wurden wegen Mitwisserschaft, Beihilfe zur Republikflucht oder wegen Fluchtversuchs selbst verhängt. Seit 1963 kaufte die Bundesrepublik Jahr für Jahr über 1.000 politische Gefangene gegen harte Devisen aus den Verließen der Staatssicherheit frei – Jahrespauschale: 130 Mio DM, ersatzweise Obst zur Weihnachtszeit, Ersatzteile für Maschinen und die Erfüllung von „Sonderwünschen“.

Heute liegt ein Fundus von Berichten, Analysen, aber auch literarischen Zeugnissen über all das vor. Jeder, der will, kann es wissen. Nur an den Schulen der Bundesrepublik und in den öffentlich-rechtlichen Medien erfährt man darüber nichts. Nur der Bankrotterklärung der Zentrale in Moskau ist es zu verdanken, daß auch ihre Vasallen in Ost-Berlin aus den Sesseln der Macht gerissen wurden. Schon beim geringsten Anzeichen der Öffnung, setzte der Marsch der Massen gen Westen wieder ein.

Zur Erinnerung – als im Osten Deutschlands Menschen wegen ihrer politischen Überzeugung im Zuchthaus saßen und Andere nur wegen des Wunsches nach Freizügigkeit hinter Gittern saßen, zog ein Teil der akademischen Jugend im Westen mit einem kleinen Büchlein des Massenmörders Mao und Ho Chi-Minh-Jubelchören randalierend durch die Straßen. Viele davon nicht wissend, daß ihr Protest von Ost-Berlin orchestriert und finanziert wurde. Viele der damals Mitschreienden sitzen heute in Führungspositionen. Waren die etwa auch mal Diktatur-affin? Wäre nicht auch da längst die Zeit für Nachdenklichkeit und Selbstbesinnung gekommen?

Natürlich aber hat das jahrzehntelange Leben unter den Bedingungen einer Diktatur das Wesen der Menschen anders geprägt als im Westen. Man bedenke nur: Wer 1933 geboren wurde, hat bis zu seinem 67. Lebensjahr keinen Tag in Freiheit gelebt. Das ständige Wachsamsein, das Mißtrauen bis in die eigene Familie hinein, das Verbergen der eigenen Meinung und die erzwungenen Rituale der Anpassung haben die Menschen stiller, sensibler und oft auch weniger selbstbewusst werden lassen. Dafür gebührt ihnen kein heimlicher Spott, sondern Achtung und Verständnis. Und noch eines ist anders – für die Deutschen in der DDR war das Bekenntnis zur Deutschen Nation stets mit der Hoffnung auf Freiheit durch Wiedervereinigung verbunden. Stolz auf seine eigene Nation zu sein, ist dort nichts Negatives.

Im wiedervereinigten Deutschland ist nach Ansichten vieler Politologen schon das Bekenntnis zum Stolz auf die eigene Nation – im Rest der Welt eine Selbstverständlichkeit – ein sicheres Symptom für rechtsradikale Gesinnung. Wenn man sich dann noch daran erinnert, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel am Abend der für die CDU gewonnenen Bundestagswahl 2013, die deutsche Nationalfahne sichtlich angewidert von sich warf, werden einem die wirklichen Gegensätze im Empfinden der Nation bewußt. Die Einen sehen im Gendern und veganen Essen die Erfüllung des Lebens, die Anderen haben durch das Erleben wirklicher Härten die wesentlichen Herausforderungen im Kopf. So gesehen ist es gut, daß es den Osten gibt.


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