Es gibt wieder Bewegung in der Frage, ob Sars-CoV-2 natürlichen Ursprungs ist – oder ob das Virus in einem chinesischen Forschungslabor hergestellt wurde. Laut einem Bericht deuten neue Erkenntnisse auf Letzteres hin. Eine Gruppe von Wissenschaftlern hat nun eine genauere Untersuchung angemahnt. China weist indes alle Vorwürfe zurück. Wir wir hinters Licht geführt werden, dokumentiert COMPACT-Aktuell Corona-Lügen. Die Sonderausgabe können Sie hier bestellen.
Schon im Februar hatte der Nanowissenschaftler Roland Wiesendanger für Aufsehen gesorgt: Der Professor an der Universität Hamburg erklärte, dass es sich bei dem neuartigen Coronavirus wahrscheinlich nicht um einen natürlich entstandenen Erreger handelt, sondern um ein Produkt chinesischer Biotechnologieforschung, das durch einen Laborunfall entwichen sei.
Seine Hauptargument: Sars-CoV-2 kann sich erstaunlich gut an menschliche Zellrezeptoren ankoppeln und in menschliche Zellen eindringen. Ermöglicht werde dies „durch spezielle Zellrezeptor-Bindungsdomänen verbunden mit einer speziellen (Furin-)Spaltstelle des Coronavirus-Zacken-Proteins“.
Das Coronavirus – natürlichen Ursprungs oder Produkt der Biowaffenforschung? Foto: NIAID
Diese Eigenschaften waren bislang bei Coronaviren nicht bekannt und weisen nach Auffassung Wiesendangers auf einen nicht natürlichen Ursprung von Sars-CoV-2 hin. Das Virus sei vermutlich das Ergebnis von Experimenten, bei denen man harmlose Viren so manipuliert, dass sie aggressiver und ansteckender werden, so der Hamburger Wissenschaftler.
Wiesendanger erntete für seine Ansicht harsche Kritik. Bis heute sind die genauen Umstände des ersten Ausbruchs in der chinesischen Stadt Wuhan unbekannt. Eine Forschungsmission der Weltgesundheitsorganisation (WHO) kam zu dem Ergebnis, dass es sich bei Sars-CoV-2 mit großer Wahrscheinlichkeit um das Produkt einer sogenannten Zoonose handelt, also von einem Tier auf den Menschen übergesprungen sei. Diese Theorie bezeichneten die WHO-Forscher als „wahrscheinlich bis sehr wahrscheinlich“. Ein Laborunfall sei hingegen „extrem unwahrscheinlich“.
Nun hat allerdings ein Bericht des Wall Street Journal der Labortheorie neue Nahrung geliefert. Das Blatt beruft sich auf ein Geheimpapier des US-Außenministeriums, nach dem drei Forscher des Wuhan Institute of Virology (WIV) im November 2019 – also noch vor dem offiziellen Corona-Ausbruch in China – schwer erkrankten. Laut dem Bericht litten die Virologen unter Corona-ähnlichen Symptomen und mussten in einer Klinik behandelt werden.
Experimente im Gen-Labor: Chinesische Forscherin in Shenzhen. Foto: plavevski / Shutterstock.com
Ähnliche Informationen hatte das US-Außenministeriums bereits gegen Ende der Regierungszeit Donald Trumps herausgegeben. Damals vermutete man allerdings, dass die Chinesen an Grippe oder einer ähnlichen saisonalen Krankheit litten. Das neue Papier soll indes wesentlich detaillierter sein, so dass deren Erkenntnisse im Rahmen eines WHO-Treffens erörtert werden sollen.
Für eine genauere Untersuchung des Ursprungs von Sars-CoV-2 haben jetzt auch 18 international renommierte Forscher in einem offenen Brief plädiert, der im Wissenschaftsmagazin Science veröffentlicht wurde. Die Untersuchung müsse auch eine Überprüfung der von der WHO verworfenen Laborunfallthese einschließen. Diese sei – ebenso wie die Theorie eines tierischen Ursprungs – weiterhin „tragfähig“. Die Forscher selbst sprechen sich in ihrem Text für keine der beiden Thesen eindeutig aus.
Über die Unterzeichner schreibt das Nachrichtenportal von NTV:
„Initiatoren des aktuellen ‚Science‘-Briefes sind der US-Evolutionsbiologe Jesse Bloom sowie der Mikrobiologe David Relman von der Stanford Universität. Bemerkenswert ist auch, dass Ralph Baric ebenfalls seinen Namen unter das Schriftstück setzen ließ – er hatte in der Vergangenheit mit der berühmten chinesischen Virusforscherin Shi Zhengli (bekannt als ‚Batwoman‘, zu Deutsch: Fledermaus-Frau) zum ersten Sars-Virus geforscht. Shi leitet das Zentrum für neu auftretende Infektionskrankheiten am Institut für Virologie Wuhan, das als möglicher Ort eines Laborunfalls infrage kommt. Allerdings hatte Shi bereits früh versichert, dass Sars-CoV-2 nichts mit dem Labor zu tun habe.“
Der Jenaer Genetikprofessor Günter Theißen, der ebenfalls die Labortheorie vertritt, sieht sich durch die neuen Entwicklungen bestätigt. „Das Blatt scheint sich zu wenden“, erklärte er gegenüber NTV.
Macht der Bilder: Mitarbeiter eines Krankenhauses in Wuhan posieren für ein Propagandafoto. Foto: Xinhua News Agency
Wie für seinen Hamburger Kollegen Wiesendanger ist die Zoonose-These für Theißen unglaubwürdig, weil das Sars-CoV-2 in der Lage sei, mit seinem Spike-Protein effektiv in menschliche Zellen einzudringen. Die dabei vom Virus verwendeten Codons (drei aufeinanderfolgenden Basen einer Nukleinsäure, die den Schlüssel für eine Aminosäure im Protein darstellen) würden laut dem Jenaer Genetiker von natürlichen Coronaviren in der Regel kaum eingesetzt. Für den Wissenschaftler ist dies eine „Smoking Gun“, also ein so gut wie sicherer Beweis für die These eines nicht natürlichen Ursprungs.
Die Volksrepublik China hat hingegen alle Vermutungen, das Coronavirus könnte bei einem Laborunfall entwichen sein, erneut scharf zurückgewiesen. Es handele sich bei dem US-Geheimbericht um eine „komplette Lüge“, zitierte die chinesische Staatszeitung Global Times den Chef des Wuhan Institute of Virology, Yuan Zhiming, am Montag.
Auch Chinas Regierungssprecher Zhao Lijian dementierte: An dem Virenforschungsinstitut habe es vor dem 30. Dezember 2019 keinen Corona-Infektionsfall gegeben. Die These eines Laborunfalls versuche die US-Regierung bewusst zu verbreiten, so sein Vorwurf.