War es der Fehler, der Donald Trump die Wahl kosten wird? Er habe die Grundfesten der US-Demokratie und ihrer "geheiligten" Institutionen verunglimpft, so der Mainstream. Tatsächlich sprach Trump der großen Mehrheit der Amerikaner aus dem Herzen.
von Rainer Rupp
Die Menschen in den USA haben längst begriffen, dass ihr Land zu einer Oligarchie verkommen ist, zu einem Selbstbedienungsladen für die Superreichen. In der letzten der drei TV-Debatten zwischen der demokratischen US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton und ihrem republikanischen Widersacher Donald Trump in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag weigerte sich der Republikaner, im Falle seiner Niederlage am 8. November das offiziell ausgezählte Wahlergebnis bereits jetzt vorbehaltlos anzuerkennen. Stattdessen erklärte Trump, er wolle sich erst anschauen, wie das Ergebnis zustande gekommen ist.
"Schockiert" verurteilte daraufhin Clinton die Äußerungen Trumps mit den Worten, das sei "entsetzlich", und warf ihm vor, dass er "unsere Demokratie verunglimpft und sie schlechtmacht". Anschließend bezeichnete sie Trump als "die gefährlichste Person" in der jüngeren Geschichte Amerikas, die jemals für das Weiße Haus kandidiert habe.
Wie nicht anders zu erwarten war, folgten auch die Mainstreammedien der USA - im Tandem mit jenen in Deutschland und Europa - ohne Wenn und Aber dem von Hillary vorgegebenen Skript. Auch sie zeigten sich fassungslos angesichts der von Trump begangenen Todsünde, die heilige Legitimität des US-Wahlprozesses überhaupt anzuzweifeln und den daraus hervorgehenden Sieger nicht automatisch anzuerkennen.
Dabei gibt es sehr viele gute Gründe dafür, skeptisch zu sein. Einer davon ist z. B. der bis heute umstrittene Sieg von George W. Bush über Al Gore im Jahr 2000. Beide Kandidaten lagen damals bei der Auszählung eng beieinander. Aber dann gab es in dem über den Sieg entscheidenden, so genannten "Swing State" Florida einige Pannen mit den elektronischen Stimmenzähler-Automaten. Alles musste neu gezählt werden, teilweise von Hand. Vieles ohne Kontrolle. Am Ende lag Bush, der spätere Favorit der neokonservativen Kriegstreiber, im Sunshine State mit 537 Stimmen vor Al Gore, der USA-weit übrigens über eine halbe Million mehr Stimmen hatte als der Republikaner.
Als die zuständige Wahlbehörde in Tallahassee das Endergebnis nach einem Monat der Auszählung bekanntgab und das Oberste Gericht keine weitere Auszählung zuließ, hatte Al Gore auf Drängen des Establishments - auch seiner eigenen Partei - im Interesse der Regierungsfähigkeit des Landes den Sieg Bushs bereits anerkannt. Es gibt also keinen Grund für die MSM, Trumps gesunde Skepsis gegenüber dem US-amerikanischen Wähl- und Zählverfahren als zerstörerischen Angriff auf die Grundfesten der US-Demokratie darzustellen.
Außerdem ist es das politische Establishment beider Parteien selbst, das den Karren der US-Demokratie längst in den Morast gefahren hat. Denn die Vereinigten Staaten werden nicht erst seit gestern von einer kleinen Gruppe von Superreichen regiert und das Wahltheater dient primär dazu, dem Volk die Illusion einer freien Wahl vorzugaukeln. Zu dem Ergebnis, dass die USA zu einer "Oligarchie" verkommen sind, ist auch eine Aufsehen erregende, aber von den MSM weitgehend totgeschwiegene Studie der US-Universität Princeton aus dem Jahr 2015 gekommen.
Den Weg in den demokratischen Niedergang der USA hat Trump in diesem Video-Beitrag (mit deutschen Untertiteln) sehr überzeugend darlegt. Man muss Jahrzehnte zurückgehen, um eine ähnlich scharfe Rede von Linken und Kommunisten über die unhaltbaren gesellschaftlichen Zuständen in den USA zu finden.
/Wie weit ist es gekommen, dass ein Immobilienmagnat gegen die totale Kontrolle des Staates durch dessen nimmersatte, mörderische, diktatorische Klasse kämpft, während so genannte 'Linke' zu einer Marionette des Kapitals und des militärisch-industriellen Komplexes geworden sind und einer üblen Person, die nicht mit der Wimper zuckt, um zu morden und Kriege zu führen, Beifall klatschen?", lautet unter anderem ein Kommentar zum oben verlinkten Video.
Das erklärt auch, warum Trump nicht nur gegen das Partei-Establishment der Demokraten zu kämpfen hat, sondern auch gegen das seiner eigenen, der Republikanischen Partei.
Die Mainstream-Meinungsmache in den USA und auch hierzulande ist jetzt einstimmig der Meinung, dass Trump mit seinem angeblichen "Angriff auf die Grundwerte der Demokratie" und mit seiner "schändlichen" Delegitimierung des demokratischen Prozesses und dessen Institutionen seine Chancen, gewählt zu werden, verspielt hat.
Sie scheinen dabei völlig zu ignorieren, was "Joe Sixpack" - das amerikanische Pendant zum deutschen "Otto Normalverbraucher" – von seinen US-Politikern und Medien hält: nämlich gar nichts. Vier von fünf Amerikanern haben kein Vertrauen mehr, weder in ihre Politiker noch in die von ihnen beherrschten staatlichen Institutionen.
Bereits im November 2015, ein Jahr vor den Präsidentschaftswahlen, stand die amerikanische Öffentlichkeit laut einer repräsentativen Umfrage des Pew-Institutes der Regierung, der Politik und den "gewählten" Führern der Nation mit tiefem Zynismus gegenüber. Diese Haltung scheint sich seither noch verstärkt zu haben. Laut Pew vertrauen nur noch 19 Prozent der Amerikaner immer oder in den meisten Fällen ihrer Regierung. Das ist der niedrigste Wert seit über einem halben Jahrhundert.
Nur 20 Prozent finden, dass die Regierungsprogramme gut durchgeführt werden. Und von den gewählten Volksvertretern haben 55 Prozent der Befragten eine derart abschätzige Meinung von "denen da oben", dass sie sagen, jeder "normale Amerikaner" könnte deren Aufgabe zur Lösung der nationalen Probleme besser erledigen.
Nur das Ansehen der Medien ist in den letzten Jahren in den USA noch stärker in den Keller gerasselt als das der Politiker. Im April dieses Jahres hat eine Gallup-Umfrage unter mehr als 2.000 Erwachsenen gezeigt, dass nur noch sechs Prozent der Amerikaner den Mainstream-Medien vertrauen.
Wenn Trump also immer wieder von möglichen Wahlmanipulationen spricht, wird das zwar scharf von den MSM verurteilt, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Dennoch sind inzwischen die Manipulationen zwischen Demokratischem Nationalkongress, dem Clinton-Wahlkampfbüro und den Medien zum Zwecke der Marginalisierung der links-liberalen Kandidaten Bernie Sanders und zur Sicherung des Sieges von Hillary in den Vorwahlen zweifelsfrei dokumentiert und auch weithin bekannt. Das Establishment kann sich so etwas leisten, ohne des Wahlbetrugs angeklagt zu werden. Auch die Strafvereitelung im Fall der kriminellen Vergehen Hillarys mit Blick auf ihre E-Mails spricht für eine politische Manipulation auf höchster Ebene im US-Justizministerium, um die Kandidatin der herrschenden Klasse im Rennen zu halten.
Da Trump sowohl sein eigenes als auch das demokratische Partei-Establishment zum Gegner hat, und beide unbedingt Hillary wollen, ist angesichts der vielfältigen technischen, medialen und politischen Möglichkeiten zur Wahlmanipulation die Sorge Trumps verständlich, dass er mit unsauberen Mitteln um den Sieg gebracht werden könnte. Vor dem Hintergrund des inzwischen weit verbreiteten Vertrauensverlustes der Berufspolitiker und der Mainstream-Medien in der Bevölkerung dürften viele Average-Joe-Amerikaner Trumps Sorge teilen. Egal, wie die Wahl ausgehen wird: Es ist zu erwarten, dass die Nachwirkungen dieser Auseinandersetzung das politische Leben in Washington in den nächsten Jahren beherrschen werden.