Wer in Deutschland in einer linken Zeitung mit hoher Auflage Polizeibeamte verunglimpft und sich wünscht, sie mögen doch auf einer „Mülldeponie […] , wo sie wirklich nur von Abfall umgeben sind“ landen, der hat gut lachen und kann vor allem ruhig schlafen. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat nun jedenfalls auf die von ihm am Wochenende noch groß angekündigte Erstattung einer Anzeige gegen die taz-Journalistin Hengameh Yaghoobifarah verzichtet, die den Text verfasst hatte.
Damit sendet der Bundesinnenminister ein klares Signal an die deutsche Polizei und macht deutlich, dass er im Zweifelsfall nicht hinter ihr steht oder zumindest nicht bereit ist, irgendeinen politischen Konflikt für die ihm unterstellten Beamten zu riskieren. Seehofer scheint mittlerweile auch auf jeden Wink von Angela Merkel zu reagieren und auf alle eigenen Gestaltungsspielräume komplett zu verzichten.
Eine weitere Abfuhr von „Mutti“
Die Kanzlerin hatte nämlich in den vergangenen Tagen eine Reihe von „vertraulichen Gesprächen“ mit dem Bundesinnenminister geführt und sich dabei wohl – was natürlich nie anders zu erwarten gewesen war – auf die Seite von Yaghoobifarah geschlagen. Doch statt seine ursprüngliche Position zu verteidigen und sich klar und deutlich hinter seine Beamten zu stellen, knickte der CSU-Politiker, wie schon bei seinem groß angekündigten „Masterplan Asyl“, aus dem dann nie etwas wurde, wieder einmal ein.
Damit machte sich der Bundesinnenminister auch im übertragenen Sinne „zum Horst“. Die Krönung des ganzen beschämenden Vorgangs besteht nun auch noch darin, dass Seehofer plant, die Chefredaktion der taz, die sich nun maximal hofiert vorkommen darf, nach Berlin einzuladen, „um mit ihr den Artikel und seine Wirkung zu besprechen“.
„taz“ demütigt Seehofer weiter
In Berlin hat die taz-Chefredakteurin Barbara Junge die Einladung nun natürlich schon zum Anlass genommen, um weitere Forderungen zu stellen. Sie äußerte heute: „Ich halte aber das Bundesinnenministerium nicht für den richtigen Ort für dieses Gespräch und schlage einen gemeinsamen Besuch der Polizeischule in Eutin vor, die ihrem Rassismusproblem in den eigenen Reihen begegnet, indem sie sich dem Netzwerk ,Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage‛ angeschlossen hat.“
Für den Bundesinnenminister dürfte also auch das angekündigte Gespräch mit der taz-Chefredaktion noch zu einem peinlichen Gang nach Canossa werden. Über seinen Spitznamen „Drehhofer“ braucht sich der Bundesinnenminister jedenfalls nicht zu wundern. Härte kann er dann ja wieder zeigen, wenn es darum geht, Symbolpolitik im „Kampf gegen Rechts“ zu betreiben – so wie zu Beginn dieser Woche, als er das Verbot der rechtsextremistischen „Nordadler“ verkündete, bei denen es sich im Kern aber bloß um eine fünfköpfige WhatsApp-Gruppe mit Luftgewehr handelte.