Margarita Simonjan spricht über den Medienkrieg um Russland. Im Fernsehtalk mit dem Politologen Dmitri Kulikow übt die RT-Chefredakteurin deutliche Kritik am Westen. Sie sieht sich und RT als tatsächlich den westlichen Werten verpflichtet.
Dmitri Kulikow, Mitglied des Sinowjew-Klubs von Rossija Segodnja und Moderator der Sendung "Recht zu wissen", sprach mit RT-Chefredakteurin Margarita Simonjan über den Verrat des Westens an seinen eigenen Werten und die Faschisierung in den so genannten "liberalen Demokratien".
Die Resolution des Europaparlaments über den "Kampf gegen russische Propaganda" weckte in Form und Inhalt Erinnerungen an ein Plenum des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion. Welche Gefahren birgt diese Resolution?
Im schlimmsten Fall kann es in Ländern der EU zu restriktiven Maßnahmen kommen, die es diesen erlauben würden, dort, wo wir ausstrahlen, Lizenzen zu entziehen. Im besten Fall werden sie, wie sie es selbst sagen, journalistische Einheiten bilden, die unsere vermeintlichen Unwahrheiten entlarven sollen. Bis jetzt waren sie mit diesem Vorhaben erfolglos, weil wir keine Unwahrheiten verbreiten.
Sie wollen eine informationstechnische Spezialeinheit schaffen?
Verstehen Sie, diese Welt befand sich jahrzehntelang in der vollständigen, unbegrenzten Gewalt lediglich eines einzigen informationellen Erzählparadigmas. Viele Jahre lang hat sich keiner dagegen aufgelehnt, hat sich keiner darum gekümmert, dem gegenüber etwas Eigenes aufzubauen. Russland war mit anderen Problemen beschäftigt, andere Länder haben auch nichts unternommen. Erst als der Westen entdeckte, dass auch andere Blickwinkel möglich sind, dass auch andere Länder ihre eigene Position behaupten können, hat man dort furchtbare Angst bekommen.
Ich finde das bedauerlich. Es hat sich herausgestellt, dass der Preis von Sonntagsreden über die Meinungsfreiheit und über die Medienfreiheit in Wirklichkeit zu niedrig ist.
Sobald eine reale Erscheinung von Meinungsfreiheit zum Vorschein kommt, die sich in tatsächlichem Andersdenken und abweichender Meinung äußert, beginnen sie, solche Resolutionen zu beschließen und versuchen, uns abzuwürgen.
Ich hoffe, dass sie zur Besinnung kommen und sie sich daran erinnern, welche Werte sie seit vielen Jahren postulieren, unter anderem, dass wir frei sind…
Das haben sie postuliert. Das ist eine feine Nuance. Im Laufe der letzten zehn Jahre ist das irgendwohin verschwunden. Schauen sie die westlichen Zeitungen oder irgendein anderes Medium noch von vor 10-15 Jahren an: Die Meinungsfreiheit ist der höchste Wert, die Vielfältigkeit der Meinungen, die Freiheit der Information – das waren stets die Schlüsselworte. Es wurde das Recht jedes Einzelnen auf freie Information festgeschrieben. Und all diese Parolen - ich kann sie nicht anders nennen - sind plötzlich auf einmal verschwunden.
Das ist wahr. Und diese Tendenz ist beängstigend, weil sich buchstäblich vor unseren Augen die sogenannte westliche Welt ihren eigenen Werten verweigert, Werten, die an sich gut sind. Sie rutscht in einen Zustand ab, in dem Ängste an die Stelle der Freiheit treten. Da treten die Hexenjagd, die Verschwörungstheorien, die wutschnaubende Suche nach Feinden an deren Stelle.
Radio Liberty schrieb etwa, dass Russia Today ein jüngst veröffentlichtes Leak früher als WikiLeaks selbst veröffentlicht hätte. Das ist völliger Unsinn, eine absolute Lüge. Wir haben das als erstes Medium veröffentlicht, weil wir permanent die Seite von WikiLeaks verfolgen. Unsere Mitarbeiter sitzen da, beobachten und sobald bei WikiLeaks etwas erscheint, publizieren wir das. Eigentlich eine normale, alltägliche journalistische Arbeit. Dadurch sind wir oft schneller als andere, aber das heißt doch nicht, dass wir selbst diese Information besitzen.
Wer hält Radio Liberty davon ab, das Gleiche zu tun?
Genau. Setzt doch einen Redakteur hin, der die Seite überwacht und Ihr werdet evtl. auch als Erste publizieren, sobald was rauskommt. Ist doch kein Problem. Aber sie haben daraus eine ganze Verschwörungstheorie gemacht, dass wir mit WikiLeaks verbunden sind. Das wird sofort über alle Medien weit und breit transportiert, das wird überall zitiert, unsere Dementi gibt keiner wieder und keiner fragt bei uns nach einem Kommentar nach.
Und auch Trump wird von Ihnen persönlich unterwiesen?
Na klar (lacht).
Wenn das ein Witz sein soll, dann aber mit einem Körnchen Wahrheit. Es heißt doch, der Draht zu Trump läuft über Ihren Kanal.
Nicht nur, zudem füttern wir ihn mit psychotropen Stoffen, damit er das sagt, was er sagt. Und das findet bei mir in der Küche statt, persönlich.
Na gut, jetzt im Ernst: Ich möchte hier etwas zitieren. Denn, liebe Kollegen, auch wenn ich dachte, dass es schwer ist, dafür zu sorgen, dass ich verwundert bin, bin ich es an dieser Stelle doch. Also es stellt sich offenbar heraus, dass das, womit sich Margarita und die Medien beschäftigen, für die sie arbeitet, folgende Ziele umfasst: Angriffe auf westliche Werte, Spaltung Europas, Einflussnahme im Inneren und die Herbeiführung des Eindrucks, dass die Länder der östlichen Partnerschaft gescheiterte Staaten sind.