Zwei Mütter schaukeln ihre Kinder auf einem Spielplatz. Wegen des Coronavirus bieten die Kindertagesstätten seit Wochen nur noch Notbetreuung an. Das stellt Millionen von Eltern vor große Herausforderungen.
Die Kindertagesstätte im Notbetrieb, bei Schulkindern beginnt der Unterricht etwa um 10.35 Uhr und endet um 13.20 Uhr. Zudem hat man keinen Anspruch auf Hortbetreueung, weil man keinen sogenannten systemrelevanten Beruf ausübt. Viele Eltern können zudem nicht von Zuhause arbeiten. Für Millionen von Müttern und Vätern stellen die mit dem Coronavirus begründeten Maßnahmen eine enorme Belastung dar.
Bisher erhielten all jene, die wegen der Corona-Beschränkungen keine Betreuung für ihre kleinen Kinder haben und nicht arbeiten können – somit kein Geld verdienen – für maximal sechs Wochen 67 Prozent des Nettoeinkommens als Entschädigung. Höchstens sind es 2.016 Euro im Monat. Der Arbeitgeber zahlt das Geld aus und kann es sich von den Behörden erstatten lassen.
Pro Elternteil wird Lohnersatz für maximal zehn Wochen statt bisher sechs Wochen gezahlt
Obwohl mehrere Medizinerverbände, darunter der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, sich in einer gemeinsamen Stellungnahme für eine umgehende Komplettöffnung von Kindergärten und Schulen ausgesprochen hatten, werden die derzeitigen Maßnahmen offenbar bis auf Weiteres fortgesetzt. Heute beschloss das Bundeskabinett, auch die Lohnersatzzahlungen auszuweiten.
Die sogenannte Verdienstausfallentschädigung soll künftig pro Elternteil für maximal zehn Wochen statt wie bisher sechs Wochen gezahlt werden. Alleinerziehende Eltern sollen sogar Anspruch auf bis zu 20 Wochen Entschädigung haben. Die Änderungen müssen noch durch Bundestag und Bundesrat. Familienministerin Franziska Giffey sprach von einem "familienpolitischen Erfolg". Es sei jedoch eine "Übergangslösung". Parallel müssten weitere verantwortungsvolle Schritte für mehr Kitaöffnungen gegangen werden, wie es in vielen Bundesländern bereits geschehe, sagte Giffey am Mittwoch in Berlin. In den Ländern gibt es unterschiedliche Pläne. Sachsen etwa hatte zu Wochenbeginn Kitas und Grundschulen für alle wieder geöffnet.
Die Vorsitzende der Frauen Union der CDU, Annette Widmann-Mauz, begrüßte die Neuregelung:
20 Wochen Verdienstausfallentschädigung sind eine riesige Erleichterung. Bei vielen Eltern liegen die Nerven wegen fehlender Kinderbetreuung, Homeschooling und drohendem Verdienstausfall blank.
FDP und Grüne fordern Tempo bei Rückkehr zum Regelbetrieb in Kitas und Schulen – unter Beachtung von Hygienemaßnahmen
Wie viele Eltern die Leistung insgesamt inzwischen in Anspruch genommen haben, ist bisher unklar. In der Opposition mehren sich unterdessen Rufe nach mehr Tempo bei der Öffnung von Schulen und Kitas. So sagte FDP-Chef Christian Lindner der Deutschen Presse-Agentur:
Wenn vier medizinische Fachgesellschaften dazu aufrufen, Kitas und Schulen vollständig zu öffnen, muss die Politik so schnell wie möglich reagieren.
Nach Ansicht der Fachverbände seien Kinder keine starken Treiber der Pandemie. Daraus müssten wir die richtigen Schlussfolgerungen ziehen, erklärte Lindner weiter. Die Corona-Krise dürfe nicht länger auf dem Rücken von Kindern und Eltern ausgetragen werden. Es brauche "schleunigst kluge und mutige Stufenpläne", wie Schulen und Kindergärten schneller zurück in den Normalbetrieb geführt werden könnten.
Auch die Grünen-Chefin Annalena Baerbock fordert sofortiges Handeln. Länder wie Dänemark hätten vorgemacht, dass die Kita- und Schulöffnungen unter Vorsichtsmaßnahmen gut und erfolgreich funktionierten, sagte sie der Neuen Osnabrücker Zeitung. Deswegen sei auch in Deutschland mehr Tempo notwendig. Sie forderte deshalb ein Treffen von Bund und Ländern:
Alle Akteure auf Bundes- und Länderebene müssen sich jetzt bei einem Spitzentreffen dringend an einen Tisch setzen, um zu handeln.
Bund und Länder müssten mit Hochdruck daran arbeiten, "dass der eingeschränkte Regelbetrieb aufgenommen wird und alle Kinder wieder in Kitas und Schulen können". Sie fügte hinzu, dass die Voraussetzungen für die Rückkehr zum Regelbetrieb eine gute Hygieneausstattung, Abstandsregelungen, kontinuierliches Testen des Personals, feste Unterrichts- und Spielgruppen sowie Unterrichtszeiten in den Nachmittag hinein seien. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey sagte der Zeitung: "Wenn sich wirklich bewahrheiten sollte, dass Kinder eine geringere Infektions- und Ansteckungsrate haben, können wir anders über die Rückkehr zum vollständigen Regelbetrieb diskutieren". Noch gebe es dazu aber "keine gesicherten Erkenntnisse", fügte sie hinzu.