Mark Zuckerberg auf der Münchener Sicherheitskonferenz 2020.
von Mitchell Feierstein
Die Marktkapitalisierung von Facebook beläuft sich auf fast 700 Milliarden Dollar. Die Hauptgeschäftsfelder von Facebook sind das Verlagswesen, Werbung und Datenerfassung. Während der globalen Abschottung prahlte man bei Facebook, dass die Zahl der täglichen aktiven Nutzer des sozialen Netzwerks im März 2020 durchschnittlich 1,73 Milliarden betrug. Für das Jahr 2019 meldete man einen Personalbestand von 48.268 Mitarbeitern sowie Werbeeinnahmen von 17,44 Milliarden US-Dollar.
Das Produkt, das Facebook verkauft, sind die Facebook-Nutzer.
Wie wir im Fall von Cambridge Analytica gesehen haben, wurden Facebook-Daten an Dritte verkauft und zur Unterstützung politischer Kampagnen verwendet. Es kam zur Anhörung des Cambridge Analytica-Whistleblowers Christopher Wylie durch das britische Parlament im Jahr 2018. Daraufhin forderte Damian Collins, Vorsitzender des britischen Digital-, Kultur-, Medien- und Sportausschusses (DCMS), Zuckerberg solle in Erscheinung treten, um Fragen bezüglich des Sammelns von Nutzerdaten durch Analytica zu beantworten. Was man auch anders bezeichnen kann: als Datenmissbrauch. Während es seitens Analytica hieß, dass "nur" 30 Millionen Facebook-Nutzer betroffen seien, gaben andere Quellen Zahlen von bis zu 90 Millionen betroffener Nutzer an. Die genaue Zahl konnte man nie ermitteln.
Während Facebooks PR-Arbeit rund um den Analytica-Alptraum Zuckerberg um die Ohren flog, stellte er den ehemaligen britischen Vize-Premierminister Nick Clegg als "Vizepräsidenten für globale Angelegenheiten und Kommunikation" ein. Er sollte sich mit Datenschutz, gefälschten Nachrichten und staatlichen Regulierungen befassen. Langsam verblasste der Skandal um Cambridge Analytica und verschwand aus dem Nachrichtenkreislauf.
Im Jahr 2018, als Zuckerberg vor dem US-Senat und dem EU-Parlament Aussagen musste, zeigte er sich vage, verschlossen und ausweichend. Er vermied es völlig, auf Fragen zu Facebooks Datenschutzpraxis, Datensammlung und -speicherung aussagekräftige Antworten zu geben. Zuckerberg ging allen unbequemen Fragen quasi aus dem Weg.
Dies sind jedoch nicht die einzigen fragwürdigen Praktiken, die demFacebook-Konzern vorgeworfen werden. Zensur gehört auch dazu, insbesondere gegen Konservative. Zuckerberg reagierte darauf, indem er im Jahr 2020 sechs Monate vor den Präsidentschaftswahlen eine 130 Millionen Dollar teure, überkandidelte Aufsichtsredaktion ins Leben rief, die er als "Obersten Gerichtshof" bezeichnet (die vollständige Liste der Besetzung des sogenannten Obersten Gerichtshofs finden Sie hier).
Eine der Aufgaben dieses liberalen "Obersten Gerichtshofs" soll es sein, das Verbot vermeintlicher Hassrede durchzusetzen, für die es keine rechtliche Definition gibt. Zuckerberg proklamierte, dass sein Oberster Gerichtshof ein "unabhängiges Inhaltsaufsichtsgremium" bei Facebook sein werde. Dieses Gremium soll sogar in der Lage sein, Zuckerberg selbst bei Entscheidungen darüber, welche Inhalte zensiert, in ihrer Sichtbarkeit reduziert ("Shadowbanning") oder auf andere Weise der Öffentlichkeit auf Facebook, Instagram und WhatsApp vorenthalten werden sollen, zu überstimmen.
Leider hat Zuckerberg, ob nun persönlich oder über seine dazu Bevollmächtigten, stark "progressive", sprich, linksliberal Voreingenommene in den Vorstand von Facebook eingesetzt. Diese Mitvorsitzenden durften dann andere Mitglieder in Zuckerbergs Obersten Gerichtshof wählen. Natürlich nur mit dessen Zustimmung.
Zensurkomitee bei Facebook
Wie kann jemand das Zensurkomitee von Facebook auch nur im Geringsten als "unabhängig" ansehen, wenn Zuckerberg dieses Moderatorengremium mit Mitgliedern wie Pamela Karlan besetzt hat?
Karlan ist Juraprofessorin der Stanford-Universität und ein unverblümt gehässiger Anti-Trump-Paladin. So machte sie sich während einer Aussage im Kongress über Trumps 13-jährigen Sohn lustig. Ein anderer Auserwählter, Alan Rusbridger, ein ehemaliger Redakteur bei The Guardian, erklärte einmal, als er die britische Zeitung bis an den Rand des Bankrotts führte, seine Mission sei es, "die führende liberale Stimme der Welt" zu schaffen. Schlimmer noch, ein anderes Vorstandsmitglied, Professor Nicolas Suzor, setzte einmal sein Like unter einen Post, in welchem Präsident Trump mit Adolf Hitler verglichen wurde. Handlungen dieser Art sollten einen normalerweise von einer Mitgliedschaft in einem solchen Gremium disqualifizieren.
Welche Werte wirklich zählen
Was ein Mitspracherecht der Aktionäre bei irgendwelchen Facebook-Angelegenheiten betrifft, werfe man einen Blick auf die kürzlich bei der US-Börsenaufsicht SEC (United States Securities and Exchange Commission) eingereichten Unterlagen von Facebook:
Da Facebook gemäß den Grundsatzregeln der Unternehmensführung für an der NASDAQ notierte Unternehmen als 'kontrolliertes Unternehmen' gilt, muss weder eine Mehrheit unseres Vorstands unabhängig sein, noch muss Facebook über einen Ausgleichsausschuss oder eine unabhängige Nominierungsfunktion verfügen. In Zukunft könnte sich Facebook dafür entscheiden, dass die Mehrheit seines Verwaltungsrates nicht unabhängig sein muss und der Rat weder einen Ausgleichsausschuss noch eine unabhängige Nominierungsfunktion haben muss.
Sollten sich demnach die Interessen unseres Mehrheitsaktionärs (MARK ZUCKERBERG) von denen anderer Aktionäre unterscheiden, werden die anderen Aktionäre möglicherweise nicht den gleichen Schutz genießen wie die Aktionäre von Unternehmen, die allen Grundsatzregeln der Unternehmensführung für NASDAQ-notierte Unternehmen unterliegen. Ein Status als kontrolliertes Unternehmen könnte unsere Stammaktien der Klasse A für einige Anleger weniger attraktiv machen oder unseren Aktienkurs anderweitig schädigen.
Wie soll nun dieser Oberste Gerichtshof der Welt zeigen, dass Facebook nicht diskriminierend, sondern integrativ, vielfältig, fair, ausgewogen ist? Oder dass man sich dort auch nur mäßig bemüht, alle Standpunkte, einschließlich konservativer und alternativer Standpunkte, zu akzeptieren? Bei Zuckerbergs offen voreingenommenem Zensurausschuss geht es um Machtergreifung. Ganz einfach. Wenn die Linksliberalen an der Wahlurne nicht gewinnen können, sind sie willig, mithilfe von Indoktrination, Zensur und Propaganda zu gewinnen.
Zuckerberg und sein Oberster Gerichtshof sind nicht die einzigen am linksliberalen Rand stehenden Vertreter bei Facebook. In einem früheren Artikel erläuterte ich, wie Sheryl Sandberg, operative Geschäftsleiterin bei Facebook, aktiv mit John Podesta, Hillary Clintons Wahlkampfmanager für die Präsidentschaftskampagne 2016, an der Clinton-Kampagne zusammenarbeitete. Politico berichtete, dass Sandberg für den Fall von Clintons Sieg auf Clintons Auswahlliste für den Posten der US-Finanzministerin gesetzt wurde, obwohl Sandberg dies später bestritt.
Sandberg engagierte sich schon immer stark in der Politik, insbesondere zur Unterstützung der Demokratischen Partei. Unter Bill Clinton war sie Stabschefin beim US-Finanzministerium unter dem ehemaligen Minister Larry Summers. Nach Sandbergs Arbeit mit der Clinton-Regierung wurde sie Vizepräsidentin bei Google, und später Zuckerbergs operative Geschäftsleiterin bei Facebook. Sandberg war Mitglied des President's Council on Jobs and Competitiveness, eines Beratergremiums für Barack Obama, und gehörte mehreren Aufsichtsräten an, darunter der Walt Disney Company. Diese ist Eigentümerin von ABC News, ESPN und vielen anderen Kabelkanälen der USA. Im Jahr 2019 erhielt Sandberg Gewinnausschüttungen aus Facebook-Aktien im Wert von rund 30 Millionen US-Dollar.
Zuckerberg und Sandberg versuchen aktuell, der Gesellschaft zu verkaufen, dass Facebook kein Verlag sei und sich daher hinter Zensur verstecken könne. Tatsächlich ist Facebook aber einer der weltweit größten Verleger und Werbeträger, der sich auf die Sammlung und den Verkauf von Nutzerdaten spezialisiert hat. Die Bildung eines Obersten Gerichts bei Facebook – als Gremium zur Überwachung der Inhalte – bestätigt bloß die rechtliche Haftung und die Rolle von Facebook als Herausgeber und eben nicht als Plattform zur Kommunikation.
Es ist höchste Zeit für die Politiker in den USA, in Großbritannien und in der Europäischen Union zu erkennen, dass Facebook, Instagram und WhatsApp Verlage sind. Daher muss zum Beispiel der US-Kongress im Falle von Facebook die Ausnahmeregelung gemäß Paragraf 230 des Communications Decency Act aufheben, die technischen Plattformen, aber ausdrücklich nicht Herausgebern und Verlagen, Immunität vor Klagen gewährt, die sich aus ihren Entscheidungen ergeben könnten, nutzergenerierte Inhalte darzustellen (oder sie nicht darzustellen).
Orwells Vision
In den 1940er-Jahren warnte George Orwell vor einer tyrannischen Weltregierung, in der alle Bürger ständiger Überwachung und Zensur unterworfen sind. Nun steht Zuckerberg mit Silicon Valley-Konsorten Google, Twitter, YouTube und Amazon kurz davor, Orwells dystopischen Alptraum zu verwirklichen.
In Orwells "1984" ist "Ozeanien" einer von drei fiktiven autoritären Superstaaten, die von einer Gestapo-ähnlichen Gedankenpolizei Namens "Die Partei" regiert werden. Die Partei verbietet kritisches Denken und Individualität und verlässt sich auf Massenüberwachung und Propaganda, um die Massen zu beherrschen. Zwei konstante Themen, die sich in Orwells totalitärem Roman wiederholen, sind die Phrasen "Der Große Bruder" und "Der Große Bruder sieht dich".
Zuckerbergs Facebook ist zu einem "Großen Bruder" geworden, und seine Machtübernahme beschert uns einen auf Zensur basierenden Superstaat der Massenüberwachung, der darauf abzielt, Freiheiten der Gesellschaft und des Einzelnen und die Demokratie zu usurpieren.
Es ist an der Zeit, Facebook zu entflechten und vernünftig zu regulieren – wie jeden anderen Dienstleistungskonzern auch.
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Aus dem Englischen übersetzt.Mitchell Feierstein ist Geschäftsleiter der Umweltstiftung Glacier Environmental Fund und Autor des Buches "Planet Ponzi: Wie die Welt in diesen Schlamassel geriet, was als Nächstes passiert und wie Sie sich schützen können". Er pendelt zwischen London und Manhattan. Mitch kann man unter @Planetponzi auf Twitter, Instagram und Facebook abonnieren.