Die Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer will US-Kampfflugzeuge vom Typ F-18 im Rahmen des sogenannten "Abschreckungskonzepts" der NATO anschaffen. (Symbolbild)
Am Samstag hatte der SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich gegenüber dem Tagesspiegel neuerlich für ein Ende der Stationierung von US-Atomwaffen in Deutschland geworben:
Es wird Zeit, dass Deutschland die Stationierung zukünftig ausschließt", hatte Mützenich erklärt.
Unterstützung erhielt er vom SPD-Co-Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans, der sich in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung ähnlich äußerte.
Zudem – so Mützenich – stelle die neueste Nuklearstrategie von US-Präsident Donald Trump eine besondere Gefahr dar, weil dadurch das Eskalationsrisiko unüberschaubar geworden sei:
Trumps Regierung hat verkündet, dass Atomwaffen nicht mehr nur der Abschreckung dienen, sondern Waffen sind, mit denen man Kriege führen kann", erklärte der SPD-Politiker.
Für die Unionsparteien ist selbst das allerdings kein Argument gegen diese Waffen. Sie kritisieren den Vorstoß der SPD-Spitze scharf:
Die Naivität von Teilen der SPD-Führung ist gefährlich für die Sicherheit Deutschlands", behauptete der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Henning Otte, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.
Innerhalb der großen Koalition laufen bereits länger Gespräche über die Möglichkeiten zur Ersetzung der überalterten Tornados in der Bundesluftwaffe. Deutschland setzt die Luftwaffe auch zur sogenannten nuklearen Teilhabe Deutschlands ein – also für ein Abschreckungskonzept der NATO, bei dem Verbündete im Ernstfall ihre Trägermittel für US-Atomwaffen bereitstellen.
Demnach könnten nun die Tornados durch 90 Eurofighter und 45 F-18-Kampfflugzeuge ersetzt werden. Die CDU-Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer will als US-zertifizierte Trägermittel für Atomwaffen ausdrücklich letztgenannte US-Kampflugzeuge beschaffen.
Es war der Fraktionsvorsitzende der Linken im saarländischen Landtag und frühere SPD-Vorsitzende, Oskar Lafontaine, der jüngst wieder diesen Vorstoß und das Konzept dieser sogenannten "nuklearen Teilhabe" scharf kritisierte. Es sei ein Unding, einen zweistelligen Milliardenbetrag für militärisches Kriegsgerät in die Hand zu nehmen – in einer Zeit, in der viele Menschen in diesem Land um ihre Existenz bangen und es an medizinischem Gerät und Ausrüstung fehlt.
Wären die deutschen US-Vasallen nicht so beschränkt, dann ginge ihnen vielleicht ein Licht auf. Im Kriegsfall hätten wir nicht Zugriff auf Atomwaffen der USA, sondern unsere 'nukleare Teilhabe' bestünde darin, dass uns russische oder chinesische Atombomben auf den Kopf fielen. Es sähe dann bei uns so aus, wie in Hiroshima oder Nagasaki", gab Lafontaine zu Protokoll.
Dahingegen sieht Henning Otte in der "nuklearen Teilhabe" das genaue Gegenteil, nämlich einen angeblich wichtigen Baustein in Sachen deutscher "Sicherheitsarchitektur":
Die nukleare Teilhabe ist ein wichtiger Baustein unserer Sicherheitsarchitektur. Sie garantiert uns Glaubwürdigkeit bei der Gestaltung der auf Verteidigung ausgerichteten Nuklearstrategie der NATO", ergänzte Otte.
Gerade in diesen sicherheitspolitisch zugespitzten Zeiten gelte, "dass mehr eigener Einfluss besser ist als weniger Einfluss".
Die Union teilt die Vision einer Welt frei von Atomwaffen. Aber solange diese Waffen außerhalb der NATO existieren, bleibt die Abschreckung der Garant unserer Sicherheit. Im ressortübergreifenden Weißbuch hat sich übrigens auch das SPD-geführte Auswärtige Amt hierzu bekannt", weiß Otte zudem zu berichten.
Welcher Gefahr man vermittels der hauseigenen NATO-Logik zu trotzen gedenkt, erläutern die Kritiker am Vorstoß der SPD hingegen nicht. Das ist aber auch nicht mehr nötig, wurde doch bereits in den vergangenen Wochen, Monaten und Jahren immer wieder und zunehmend dramatisiert eine angebliche "russische Gefahr" an die Wand gemalt.
So fordert nun auch die FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg von der SPD ein klares Bekenntnis zur nuklearen Teilhabe Deutschlands in der NATO und wartet dabei mit einer gleichfalls recht eigenwilligen Begründung auf:
Wer sich von der nuklearen Teilhabe verabschiedet, der gibt auch jeden Einfluss auf atomare Rüstung und Abrüstung auf. Das dürfen wir nicht tun. Die Große Koalition muss darum endlich zu einer guten Lösung kommen. Dass stattdessen einige in der SPD die Gelegenheit suchen, sich von unseren Bündnispflichten abzusetzen, ist beschämend und eine Hypothek für die Rolle Deutschlands im Bündnis und in der Welt", erklärte Teuteberg nun gegenüber RP-Online.
Vor wenigen Tagen legte das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI in einem aktuellen Bericht neueste Zahlen über die weltweiten Rüstungsausgaben vor. Demzufolge erreichten die weltweiten Rüstungsausgaben 2019 einen neuen Höchststand. Deutschland hat 2019 seine Militärausgaben sogar so stark erhöht wie kaum ein anderes Land, konnte also in diesem Bereich mit einem ganz eigenen Rekord aufwarten.
Demzufolge verbuchte die Bundesrepublik den größten prozentualen Anstieg unter den Top-15-Staaten: Im Vergleich zu 2018 stiegen die deutschen Militärausgaben laut SIPRI um zehn Prozent auf 49,3 Milliarden Dollar – vor allem aufgrund des Nachgebens gegenüber dem Druck der NATO und des US-Präsidenten Donald Trump.