In ihrem Facebook-Posting behaupten die Ex-Berkut-Kämpfer, sie hätten an dem Austausch im vergangenen Dezember teilnehmen müssen, um diesen nicht zu gefährden. „Eine Weigerung von uns, an dem Austausch teilzunehmen, hätte den ganzen Austausch in Gefahr gebracht.“ Sie hätten Rücksicht auf die Gefühle der Menschen genommen, die auf der „Austausch-Liste“ standen, und hätten ihre eigenen Interessen nicht über die der anderen stellen wollen.
Die Ex-Berkut-Soldaten pochen auf ihre Unschuld: „Wir haben nichts zu verheimlichen – wir haben keine Verbrechen begangen. Wir wollen den ehrlichen Namen der Berkut-Spezialeinheit wiederherstellen und wir wollen, dass diejenigen, die tatsächlich für die Ermordung von Ordnungshütern und Protestierenden verantwortlich sind, ihre Strafe bekommen.“
Marintschenko und Tamtura riefen den ukrainische Präsidenten, Wladimir Selenski, zudem auf, das Amnestiegesetz für die Maidan-Teilnehmer sofort aufzuheben und eine „gerechte und unvoreingenommene Ermittlung“ der Ereignisse des Jahres 2014 zu gewährleisten.
Die Anwälte der Hinterbliebenen der auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew getöteten Protestler – in der Ukraine werden diese Maidan-Toten das „Himmlische Hundert“ genannt – hatten den Austausch der Berkut-Soldaten als „verbrecherische Entscheidung“ kritisiert. Dabei hatten ukrainische Behörden ihnen versichert, dass die Ermittlungen zu den Maidan-Schüssen im Jahr 2014 nicht eingestellt würden.
Bei den Protestaktionen in Kiew vom 30. November 2013 bis zum 14. April 2014 kamen laut Angaben des ukrainischen Gesundheitsministeriums insgesamt 106 Menschen ums Leben, die meisten von ihnen Zivilisten. Bis heute wurden die tödlichen Schüsse auf die Menschenmenge und auf Polizisten nie vollständig aufgeklärt.
Die nach dem Umsturz an die Macht gekommene neue Führung in Kiew machte damals sofort die Polizei und die Spezialeinheit Berkut für die Tötungen verantwortlich: Diese hätten auf Befehl des Ex-Präsidenten Wiktor Janukowitsch auf die Demonstranten geschossen.
Dass bei den Protesten auch Polizisten erschossen wurden, wird in den Medien oft nicht erwähnt: Nach Angaben des ukrainischen Innenministeriums wurden 13 Beamte getötet, 189 weitere erlitten Schussverletzungen.
Diese Tatsache nährt bei manchen den Verdacht, dass das Blutbad gezielt provoziert worden sein könnte. Im Jahr 2015 hatte der britische Sender BBC Aussagen eines der Protestler veröffentlicht, der nach eigenen Angaben auf die Menschen auf dem Maidan-Platz vom nahegelegenen Konservatorium aus geschossen hatte. Er sei zuvor von einem pensionierten ukrainischen Offizier angesprochen worden, der ihn als potenziellen Schützen habe anheuern wollen.
ta/gs