CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer gibt der Thüringer CDU nach dem Eklat bei der Ministerpräsidentenwahl noch etwas Zeit, um auf parlamentarischem Weg und damit ohne Neuwahl aus der Krise zu finden. Sollten die parlamentarischen Möglichkeiten nicht funktionieren, sei eine Neuwahl unausweichlich, machte sie in der Nacht zum Freitag nach fünfstündigen Krisengesprächen in Erfurt deutlich.
Die politische Zukunft von CDU-Landespartei- und Fraktionschef Mike Mohring ist offen – nach Angaben aus informierten Kreisen hat er keinen Rückhalt mehr in seiner Landtagsfraktion. Demnach sei geplant, dass es im Mai Wahlen zum Fraktionsvorsitz geben soll, hieß es am frühen Freitagmorgen nach der Fraktionssitzung. Der CDU-Landesvorstand hatte Mohring zuvor noch das Vertrauen ausgesprochen.
Der FDP-Politiker Thomas Kemmerich war am Mittwoch überraschend mit Stimmen von CDU, FDP und AfD zum Regierungschef in Thüringen gewählt worden – dies hatte wegen der maßgeblichen Rolle der AfD ein politisches Beben ausgelöst. Eine parlamentarische Lösung ist nur nach Kemmerichs Rücktritt möglich. Damit hat er den Weg für eine Neuwahl des Ministerpräsidenten im Landtag frei gemacht. Dies käme der Thüringer CDU entgegen, da sie bei einer Neuwahl des Landtags Verluste befürchtet, während die politischen Ränder, also AfD und Linkspartei, auf Stimmenzuwachs hoffen könnten.
Am Donnerstagvormittag hatte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Wahl Kemmerichs mit Hilfe von Stimmen der CDU und der AfD "unverzeihlich" genannt und verlangt, das Ergebnis dieses Vorgangs müsse korrigiert werden. "Es war ein schlechter Tag für die Demokratie. Es war ein Tag, der mit den Werten und Überzeugungen der CDU gebrochen hat", sagte Merkel während einer Südafrika-Reise.
Eine Auflösung des Parlaments ist indessen gar nicht so leicht möglich. Nach der Landesverfassung muss eine Abstimmung über Neuwahlen von mindestens einem Drittel der Abgeordneten beantragt werden – in Thüringen wären das 30. Die FDP-Fraktion hat aber nur fünf Abgeordnete im Thüringer Landtag. Um eine Neuwahl tatsächlich zu beschließen, wären sogar die Stimmen von zwei Dritteln der Abgeordneten nötig.
Spannend wird sein, wie Kramp-Karrenbauer mit ihrem Erfurter Gesprächsergebnis am Freitag beim CDU-Präsidium in Berlin ankommt. Dies hatte auf ihre Initiative hin eine sofortige Neuwahl empfohlen. Lindner wird seinerseits am Freitag die Vertrauensfrage im FDP-Vorstand stellen. Die Wahl Kemmerichs war das erste Mal, dass die AfD einem Ministerpräsidenten ins Amt verhalf.
Das Präsidium der CDU kommt am Freitag um 10 Uhr in Berlin zu einer Sondersitzung zusammen, um erneut über die Konsequenzen aus der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen zu beraten. Im Anschluss an das CDU-Präsidium in Berlin will Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer vor die Presse gehen. Ebenfalls in Berlin kommt am Freitag der FDP-Vorstand um zwölf Uhr zusammen, um die Konsequenzen aus der Wahl in Thüringen zu beraten.
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/(rt/dpa)
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