Europäische Zentralbank im Digitalisierungszeitalter 7. April 2021 (Symbolbild) Boris Roessler/dpa
Fabio Panetta, Chefvolkswirt und Mitglied im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB), erklärte bereits Anfang der Woche, dass die EZB schon bald zur Einführung des digitalen Euros bereit sei. Wie das Schweizer Onlinemagazin Zeitpunkt am Freitag berichtete, habe Panetta gesagt, die EZB wolle "umgehend mit der Ausgabe eines digitalen Euro beginnen können, falls und wann dies für erforderlich erachtet wird".In Kürze sollen alle offenen Fragen hinsichtlich des Einführungsprozesses geklärt sein.
Nach Panettas Erklärung zur Einführung des digitalen Euros erläuterte der österreichische Wissenschafts- und Politikblog tkp bereits am Dienstag die Bedeutung von Panettas Aussage und fasste die wichtigsten Punkte zusammen.
Grundsätzlich biete nur die Bargeldnutzung Schutz vor der Kontrolle und Überwachung finanzieller Transaktionen. Die Einführung einer digitalen Währung hieße, dass "die (Zentral-)Banken und Behörden … in kürzester Zeit umfassenden Zugriff auf alle mit Ihren Transaktionen verbundenen Daten [haben]", erläutert tkp.
Aus individueller Perspektive bestehe der größte Nachteil der digitalen Währung darin, dass "programmierbar" sei, wofür man sie ausgeben dürfe. Theoretisch wäre also möglich, dass Zahlungen nur für individuell erlaubte Dinge getätigt werden können. Jemand, der zum Beispiel sein jährliches CO₂-Emissionskontingent ausgeschöpft hat, könnte dann etwa keine Flugreisen mehr buchen. Auch infolge politischer Missliebigkeit könnte das Konto gesperrt werden. Dass von dieser technischen Möglichkeit auch tatsächlich Gebrauch gemacht wird, war bereits bei den Kontosperrungen kanadischer LKW-Fahrer vor einem Jahr zu beobachten. Angesichts der Kontensperrungen in Kanada warnte tkp, dass dies eine realistische Gefahr sei.
Im Gegensatz dazu bewertet Fabio Panetta den digitalen Euro vor allem als "allgemein verfügbar und nutzerfreundlich". In der EZB-Mitteilung wird daher besonders auf das angeblich große menschliche Bedürfnis nach digitaler Bezahlung abgehoben:
"In einer modernen Wirtschaft ist es ein Grundbedürfnis der Menschen, digital bezahlen zu können."
Die Einführung des digitalen Euros sei aufgrund der rasanten Digitalisierung unumgänglich: "Aufgrund der rasanten Digitalisierung unserer Volkswirtschaften müssen wir das Bargeld … durch dessen Weiterentwicklung im digitalen Bereich ergänzen: einen digitalen Euro", so Panetta.
Für "Basisdienstleistungen" könne man die Digitalwährung kostenlos nutzen. Die Entscheidung darüber,ob der digitale Euro zum "inklusiven, wahrhaft europäischen Zahlungsmittel" wird, "das im gesamten Euroraum allgemein nutzbar und zugänglich sowie für Basisdienstleistungen kostenfrei ist und ein Höchstmaß an Privatsphäre bietet", liegt jedoch in der Hand der Parlamente der Mitgliedstaaten.
Aber auch ohne entsprechenden Auftrag durch "den Gesetzgeber" – also die nationalen Parlamente – werde alles für den Einsatz vorbereitet. Tkp kritisiert dabei, dass ein Gesetzgebungsprozess so nicht verlaufen sollte. Es sei "Augenwischerei" zu behaupten, die EZB würde sich dabei "im Sinne demokratisch-rechtsstaatlicher Ordnungen und Normen verhalten".
Laut tkp sei die Einführung des digitalen Euros bereits beschlossene Sache. Es gehe nur noch darum, wie "diese nächste Datenkrake" umgesetzt würde. Vergeblich suche man Hinweise auf Datenschutz und Privatsphäre. Dabei liegt die Verantwortung für den digitalen Euro grundsätzlich bei der Europäischen Zentralbank. Den nationalen Parlamenten der Eurozone werde "offenbar die Rolle eines Blitzableiters" zugemessen.
Zum möglichen Zeitpunkt einer Einführung der Digitalwährung äußerte Panetta: "Diese beiden Prozesse – Gesetzgebung und Gestaltung – sollten parallel fortgeführt werden, damit wir umgehend mit der Ausgabe eines digitalen Euro beginnen können, falls und wann dies für erforderlich erachtet wird." Es bräuchte dann nur noch einen Rechtsakt der EU-Organe, so das Schweizer Magazin Zeitpunkt. Das könne kurzfristig organisiert werden:
"Im Finanzbereich gehen solche Dinge heute schnell, typischerweise übers Wochenende – bevor die 'Märkte' öffnen …"
Der österreichische Blog bewertet das Vorgehen bei den Vorbereitungen zur Einführung des digitalen Euro als "das Ende der Reste von nationalstaatlicher Souveränität und individuellen Freiheiten". Es handele sich um einen Putsch gegen die europäischen Völker:
"'Die da oben' in Brüssel und Frankfurt am Main (dem Sitz der EZB) geben unumwunden zu, dass hier an einem europaweiten Putsch gegen die europäischen Völker, deren Verfassungen und Rechtsordnungen gearbeitet wird."