Klaus Schwab und das Weltwirtschaftsforum – Drahtzieher der Neuen Weltordnung
von Julia Weiss
„Das eigentliche Ziel totalitärer Ideologie ist nicht die Umformung der äußeren Bedingungen menschlicher Existenz und nicht die revolutionäre Neuordnung der gesellschaftlichen Ordnung, sondern die Transformation der menschlichen Natur selbst, die, so wie sie ist, sich dauernd dem totalitären Prozess entgegenstellt. … Was in der totalen Herrschaft auf dem Spiele steht, ist wirklich das Wesen des Menschen.“ – Hannah Arendt, 1951
Als eine der einflussreichsten Institutionen der westlichen Welt setzt das WEF seine Pläne seit 2020 mit überwältigender Geschwindigkeit in die Tat um, Arbeitstitel: The Great Reset, Einfallstor: die Pandemie. Es ist schon oft darauf hingewiesen worden, dass das Weltwirtschaftsforum mit seinem Transhumanismus totalitäre Ziele verfolgt. Trotzdem scheint eine Mehrheit nach wie vor darauf zu vertrauen, dass die globalen Wirtschaftseliten im Großen und Ganzen zum Wohl der Menschheit handeln. Das ist ein Irrtum – und zwar unabhängig davon, ob diese Eliten selbst davon überzeugt sind, Gutes zu tun oder nicht.
Ein modischer Begriff wie „Transhumanismus“ kann einen ziemlich unberührt lassen, wenn man sich nicht ohne Scheu vor Augen führt, was er bedeutet. Irreführenderweise suggeriert er, dass das damit bezeichnete Vorhaben noch irgendetwas mit ‚human‘, Humanität oder Humanismus zu tun hat; das hat es nicht. Zutreffender wäre es, von Antihumanismus zu sprechen – denn das transhumanistische Anliegen läuft darauf hinaus, alle Lebendigkeit überhaupt abzuschaffen. Dieses Projekt ist in seiner Vermessenheit ganz sicher zum Scheitern verurteilt. Aber es könnte lebenden Müll, Elend und großes Leid verursachen.
Deshalb soll im Folgenden deutlich gemacht werden, dass und warum die Pläne des WEF zutiefst totalitär sind. Als Hauptauskunft dient Klaus Schwabs Buch „Die vierte industrielle Revolution“, weil diese Publikation des WEF dessen Pläne besonders unverblümt beschreibt und, obwohl bereits 2016 erschienen, nach wie vor mit den Äußerungen des überaus einflussreichen Davoser Forums übereinstimmt. Als Hintergrund und Maßstab dieser Einschätzung dient Hannah Arendts berühmtes Werk „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“.
In ihrer Analyse der totalitären Systeme ihrer Zeit, des Stalinismus und des Nationalsozialismus, hat Hannah Arendt ein Streben nach Kontrolle entdeckt, das über die Machtambitionen von Diktatoren, Despoten und Tyrannen aller Art weit hinausgeht:
„Das eigentliche Ziel totalitärer Ideologie ist nicht die Umformung der äußeren Bedingungen menschlicher Existenz und nicht die revolutionäre Neuordnung der gesellschaftlichen Ordnung, sondern die Transformation der menschlichen Natur selbst, die, so wie sie ist, sich dauernd dem totalitären Prozess entgegenstellt. … Was in der totalen Herrschaft auf dem Spiele steht, ist wirklich das Wesen des Menschen.“
Was die totalitären Eliten miteinander verbindet, sei „… die Überzeugung von der Allmacht des Menschen. Dem moralischen Nihilismus des ‘Alles ist erlaubt’ haben sie durch den sehr viel radikaleren Nihilismus eines ‘Alles ist möglich’ erst seine wirkliche Grundlage gegeben … Ihnen genügt die Hybris, wirklich zu meinen, das alles gemacht werden kann, dass alles Gegebene nur ein zeitweiliges Hindernis ist, dass durch überlegene Organisation überkommen werden kann.“ Ersetzt man ‚überlegene Organisation‘ durch ‚überlegene Technik‘, beschreibt das ziemlich genau die Überzeugungen des Weltwirtschaftsforums.
Bereits im ersten Satz seines Buchs sagt Klaus Schwab, dass die von ihm so getaufte vierte industrielle Revolution „…nichts Geringeres als die Transformation der Menschheit mit sich bringt.“Die diese Revolution treibenden Technologien werden „… unsere menschliche Identität grundlegend verändern.“ Sie werden verändern, „… was es bedeutet, ein Mensch zu sein.“ Die vierte industrielle Revolution „…verändert, wer wir sind.“
Diese Vorstellungen sind in der Tat umstürzend: Mit ihrer Verwirklichung würde der Mensch – und auch andere Lebewesen – endgültig zum Objekt industrieller Produktion werden. Die Natur wäre in keiner Weise mehr etwas Gegebenes, das als solches ein Existenzrecht und eine Würde besitzt.
Synthetische Biologie und Neurotechnologie machen laut Schwab die tiefgreifenden Veränderungen der menschlichen Natur möglich. Die synthetische Biologie „… wird es uns ermöglichen, Organismen durch das Schreiben von DNA maßzuschneidern.“ Das wiederum „… ermöglicht die Schaffung von genetisch veränderten Pflanzen oder Tieren sowie die Veränderung von Zellen erwachsener Organismen, einschließlich des Menschen.“ Alle lebenden Organismen und alle noch nicht geborenen Organismen sind nunmehr Objekte der Gestaltung: “Wir sind mit neuen Fragen konfrontiert, was es bedeutet, ein Mensch zu sein, wenn es darum geht, die genetischen Codes zukünftiger Generationen zu verändern.“
Fortschritte in der Medizin, die dadurch möglich werden, finden zwar oft Erwähnung, aber es geht doch eindeutig ums ganze Genom: „… es ist jetzt viel einfacher, das menschliche Genom in lebensfähigen Embryonen präzise zu manipulieren … wir werden in Zukunft wahrscheinlich Designer-Babys sehen…“ Wikipedia verdeutlicht noch einmal, dass es in der synthetischen Biologie darum geht, „… biologische Systeme zu erzeugen, die in der Natur nicht vorkommen.“ Und man beachte: „Diese Systeme sind der Evolution unterworfen.“ Das WEF begrüßt diese Aussichten nicht nur, es hält die Wissenschaft auch für fähig, sie jederzeit umzusetzen:
“Stellen Sie sich eine Welt vor, in der wir unsere Wunschkörper selbst gestalten können. In dieser Welt können wir auch die mit uns lebenden Pflanzen und Tiere entwerfen und wieder entwerfen. Wir können Organismen verändern und sie so formen, wie wir sie haben wollen. … Und das ist nicht die Welt von morgen. Man braucht dazu keine Phantasie. Das ist die Welt von heute.“
Der ganze Mensch wird zum Gegenstand technischer Gestaltung – und ebenso werden es seine Beziehungen zu anderen Menschen und Dingen.
Die Neurotechnologie „… umfasst alle Verfahren oder Geräte, bei denen die Elektronik eine Schnittstelle zum Nervensystem bildet, um die neuronale Aktivität zu überwachen oder zu regulieren.“Die Möglichkeiten, das zu tun, sind derart vielfältig, so das Weltwirtschaftsforum, dass sie „den menschlichen Körper in eine neue Technologieplattform verwandeln.“
Dagegen hat des WEF nichts einzuwenden – wir treten damit „…in die Ära des ‚Internet der Körper‘ ein: Wir sammeln unsere physischen Daten über eine Reihe von Geräten, die implantiert, verschluckt oder getragen werden können. Das Ergebnis ist eine riesige Menge an gesundheitsbezogenen Daten, die das Wohlbefinden der Menschen auf der ganzen Welt verbessern …“ Aber nicht nur das: „Gleichzeitig können die Daten aus dem ‚Internet der Körper‘ genutzt werden, um Vorhersagen und Rückschlüsse zu treffen, die den Zugang einer Person oder Gruppe zu Ressourcen wie Gesundheitsversorgung, Versicherung und Beschäftigung beeinflussen können.“
Die Erfahrung, dass „beeinflussen“ auch „sperren“ bedeuten kann, haben viele Bürgerinnen und Bürger bereits gemacht: Ohne Impfpass gab es bei uns bis vor Kurzem zum Beispiel keinen Zugang zu öffentlichen Einrichtungen wie Bibliotheken,Theatern oder Schwimmbädern. Während der Trucker-Proteste in Kanada ließ Premierminister und „Young Global Leader“ des WEF Justin Trudeau die Konten der 50.000 Trucker und ihrer Unterstützer kurzerhand sperren. Angesichts solcher Willkür-Eingriffe in die schlichtesten Rechte unliebsamer Bürger kann es nicht verwundern, dass viele darin eher eine Drohung sehen: „Wenn Dein Verhalten uns nicht gefällt, sperren wir deinen Zugang zu lebenswichtigen Ressourcen“. Aber man muss ja nicht alles so negativ sehen, denn:
„Neurofeedback – die Möglichkeit, die Gehirnaktivität in Echtzeit zu überwachen – bietet zahllose Möglichkeiten, um Süchte zu bekämpfen, das Essverhalten zu regulieren und die Leistungen vom Sport bis zum Unterricht zu verbessern.“
Das klingt gut: keine Dicken mehr, keine Süchtigen und lauter gut überwachte Schulkinder, die nie mehr rumhampeln, vor Langweile einschlafen, geistesabwesend aus dem Fenster träumen oder Blödsinn machen. Keine Pippi Langstrumpf mehr, kein Tom Sawyer, keine Alice im Wunderland. Schüler wie der Lernverweigerer Winston Churchill oder Alexander von Humboldt, der als Kind ebenfalls eine geringe Auffassungsgabe gezeigt haben soll, würden von den Gehirnprogrammierern des WEF zu unauffälligen, gut angepassten Schülern gemacht (wenn wir mal annehmen, dass die Neurotechnik tatsächlich funktioniert). Es würde einem solchen Überwachungssystem der vom „richtigen“ Lernverhalten abweichende Schüler oder Student zwangsläufig für falsch befunden werden und das Lehr- und Lernsystem für richtig.
Überhaupt: Nicht die Arbeitswelt, nicht die Schulen, nicht unsere Lebensbedingungen brauchen eine Generalüberholung, sondern wir: „Stellen Sie sich die vielfältigen Möglichkeiten vor, wie wir die Art und Weise, wie wir lernen, arbeiten und leben, zum Besseren verändern könnten…“. Und ganz aktuell, um alle eventuellen Widerstände aus dem Weg zu räumen: „Stellen Sie sich vor, wie wir dazu beitragen könnten, all unsere Gehirne und Köpfe besser für die vierte industrielle Revolution zu rüsten.“
Idealerweise werden wir also zunächst mittels Neurotechnik positiv eingestimmt auf die vierte industrielle Revolution, und dann erfahren wir am ehemals eigenen Leibe beziehungsweise der ehemals eigenen Seele, was es heißt, von Ferne kontrolliert und – nach wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen, versteht sich – verhaltensoptimiert zu werden. Dabei ist es folgerichtig ganz unerheblich, was wir selber wollen, denken oder fühlen:
„Unsere Geräte werden immer mehr zu einem Teil unseres persönlichen Ökosystems, sie hören uns zu, nehmen unsere Bedürfnisse vorweg und helfen uns bei Bedarf – auch wenn wir sie nicht darum gebeten haben.“
Psychotische Menschen hören oft Stimmen, die ihnen sagen, was zu tun ist – ob sich diese unerbetenen Einmischungen ähnlich anfühlen würden? Als etwas, das in mir ist und doch nicht ich? Jedenfalls ist das „Internet of Bodies“ sichtlich auch ein „Internet of Souls“ beziehungsweise ein „Internet of Minds“. Wie könnte es auch anders sein? Nichts bleibt in diesem System dem Zufall überlassen, nichts bleibt unkontrolliert: Alle Menschen werden zu gut funktionierenden Teilen eines gut funktionierenden Systems, das von gut funktionierenden Regelungstechnikern und ihren Regeln gesteuert wird. Es bleibt die Frage: Welchen Zweck verfolgt die große Kontrollmaschine aus lebenden Teilen eigentlich? Eins ist klar: Sie soll die Menschheit vernünftiger machen. Aber ist die reine Rationalität tatsächlich die Ultima Ratio des Lebens?
Spontaneität und die Freude daran, etwas um seiner selbst willen zu tun, sind neben dem Bindungsbedürfnis für Hannah Arendt elementare Züge des menschlichen Wesens. Spontan ist zum Beispiel die Freude am Spiel, am Singen, am Dösen, am Zusammensein mit anderen Menschen, spontan sind Zu- und Abneigungen, spontan ist der Drang zu lachen, zu weinen, zu wüten, zu flüchten, Probleme zu lösen – spontan sind alle freien Selbstäußerungen schlechthin. Letzten Endes sind alle Gefühle spontan.
In der Spontaneität manifestiert sich unvermeidlich die Individualität, in ihr zeigt sich „…die Fähigkeit des Menschen, von sich aus etwas Neues zu beginnen, das aus Reaktionen zur Umwelt und Geschehnissen nicht erklärbar ist.“ Deshalb ist Spontaneität „in ihrer Unberechenbarkeit das größte Hemmnis der totalen Herrschaft über den Menschen“:
„Menschen, sofern sie mehr sind als reaktionsbegabte Erfüllungen von Funktionen …, sind für totalitäre Regime schlechterdings überflüssig. …Totale Macht ist zu leisten und zu gewährleisten nur, wenn es auf nichts anderes mehr ankommt als auf absolut kontrollierbare Reaktionsbereitschaft, auf restlos aller Spontaneität beraubte Marionetten.“
Nicht zuletzt sind alle Beschäftigungen, denen Menschen um ihrer selbst willen nachgehen, ohne höheren Zweck als der Freude an ihnen, unter totalitären Ambitionen nicht zu dulden. Spiel und Kunst beispielsweise können nicht geduldet werden, denn in ihnen ist „… der Mensch völlig von einer Sache absorbiert und gerade darum nicht vollkommen beherrschbar.“ Der spielende Mensch – in Arendts Beispiel der Schachspieler – ist überdies „… mit seinen Mitmenschen immer noch durch das Brett verbunden, das die Gegner voneinander trennt und gleichzeitig miteinander verbindet, weil es ein Stück einer ihnen gemeinsamen Welt ist. Nur wo diese gemeinsame Welt völlig zerstört und eine in sich völlig unzusammenhängende Gesellschaftsmasse entstanden ist, … kann die totale Herrschaft ihre volle Macht ausüben, sich ungehindert durchsetzen.“
Aber auch wer weder spielt noch Kunst herstellt, wer beispielsweise nur irgendwo herumsitzt und mit einer Nachbarin plaudert, ist unter totaler Herrschaft nicht zu gebrauchen: „Was suspekt ist, ist Freundschaft und jegliche andere menschliche Bindung überhaupt.“
Offensichtlich sind Menschen umso beherrschbarer, je weniger eingebunden sie in soziale Beziehungen sind. „Allein machen sie dich ein“ lautete der Titel eines Songs von Ton Steine Scherben in den 70er Jahren – eine Neuformulierung von „Gemeinsamkeit macht stark“. Dass totalitäre Eliten daher politische Gruppen wie Klassen, Gewerkschaften, Verbände oder Religionsgemeinschaften entmachten müssen, die ihre Interessen gegenüber anderen Gruppen und dem Staat gemeinsam vertreten, liegt auf der Hand. Ihr Anspruch geht aber weiter: Sie wollen alle gesellschaftlichen Strukturen zerstören, auch die privaten.
Die „Atomisierung der Gesellschaft“ im Sinne der Zerstörung aller sozialen Beziehungen ist deshalb in Hannah Arendts Analyse auch ein zentraler Begriff: Es ist für sie eine der wichtigsten Bedingungen totaler Herrschaft. Das Ergebnis ist das, was sie „Massengesellschaft“ nennt: Statt einer Gesellschaft, die aus zahlreichen großen und kleine Beziehungsstrukturen aller Art besteht und aus ihnen ihre Stabilität und Widerstandskraft bezieht, entsteht durch deren Zerstörung eine Art gesellschaftlicher Brei, der der Tendenz nach nur noch aus einsamen, isolierten Individuen besteht.
Solche Bedingungen einer in diesem Sinne stark beschädigten Gesellschaft, in der sich neue Strukturen erst wieder bilden müssten, fanden die Nationalsozialisten nach dem 1. Weltkrieg vor. Stalin dagegen hatte laut Arendt eine ziemlich gut strukturierte Gesellschaft vor sich, deren gesellschaftliche Gruppen er erst noch zerstören musste. Er begann mit der blutigen Liquidierung der Klassen – der der Bauern, der Arbeiterschaft, des Mittelstandes, der Verwaltung. Die Zerstörung der privaten Beziehungen gelang ihm aber erst durch das System der „guilt by association“ in den Säuberungsprozessen. In diesem System der Verbindungsschuld mussten sich alle, die mit dem Angeklagten Kontakt hatten, „… über Nacht in seine erbittertsten und gefährlichsten Feinde verwandeln, weil sie nur dadurch, dass sie ihn denunzieren, … sich ihrer eigenen Haut wehren können.“ Die Sowjetbürger lernten, dass „nichts so gefährlich war, wie überhaupt Freunde zu haben.“So entstand ein Zustand, in dem jeder „in absoluter Hilflosigkeit und Verlassenheit von höheren Mächten abhing, die jederzeit über ihn befinden konnten.“
Dasselbe Resultat versuchten die Nationalsozialisten in den Konzentrationslagern zu erreichen. In ihnen sah Arendt „die konsequenteste Institution totaler Herrschaft“: Laboratorien, in denen man experimentell festzustellen versuchte, „ob der fundamentale Anspruch totalitärer Systeme, dass Menschen total beherrschbar sind, zutreffend ist“:
„Die Lager dienten nicht nur der Ausrottung von Menschen und der Erniedrigung von Individuen, sondern auch dem ungeheuerlichen Experiment, unter wissenschaftlich exakten Bedingungen Spontaneität als menschliche Verhaltensweise abzuschaffen und Menschen in ein Ding zu verwandeln, das unter gleichen Bedingungen sich immer gleich verhalten wird …“
Nicht Bestrafung, nicht Ausbeutung, nicht Interesse oder Zweckmäßigkeit könnten das Geschehen in den Lagern erklären, sondern allein das Ziel, Menschen zu „identischen Reaktionsbündeln“ zu machen, zu vollkommen beherrschbaren Marionetten. Dazu diente die vollkommene Entrechtung mit dem Eintritt ins Lager, die Vernichtung der menschlichen Würde durch körperliche Erniedrigung, die Zerstörung der Persönlichkeit durch Misshandlung – aber nicht zuletzt auch die Zerstörung jeder Zwischenmenschlichkeit beziehungsweise, wie Arendt sagt: die Zerstörung der moralischen Person. Dies geschah untere anderem, indem man Opfer zu Tätern machte: Mütter wurden gezwungen zu entscheiden, welches ihrer Kinder erschossen werden sollte; Mithäftlinge wurden zu Lagerverwaltern gemacht, die dann Mithäftlinge schikanieren und hungern lassen oder zwischen zwei Todesurteilen entscheiden mussten.
Die totalitären Eliten des 20. Jahrhunderts mussten ungeheuerlichen, mörderischen Aufwand betreiben, um ihren Opfern so viel menschliche Natur, das heißt so viel Spontaneität wie möglich zu nehmen. Inzwischen haben sich die technischen Möglichkeiten, in das menschliche Erbgut einzugreifen und auf diese Weise den Menschen von innen zu beherrschen, dramatisch weiterentwickelt.
Da dies nun so leicht zu machen scheint, erscheint es auch als unspektakulärer Vorgang: Du lässt Dir einen kleinen Piks verpassen, ein kleines Tattoo, ein kleines Implantat unter die Haut injizieren – na und? Du wirst vernünftiger, ruhiger, intelligenter, du musst nicht mehr alles selbst entscheiden.
Solange wir aber noch an die Würde des Menschen und seine grundsätzliche Willensfreiheit glauben, wäre jeder neuronale oder gentechnische Eingriff als Akt der Gewalt zu sehen, sofern dem nicht eine umfassende Aufklärung vorausgegangen ist und ein Einverständnis erteilt wurde, das in absoluter Freiheit zustande gekommen ist – wie bei jedem Medikament und jedem Eingriff.
Es dürfte aber bekannt sein, dass bei den Massenimpfungen mit mRNA-Partikeln, die überdies ein gentechnischer Eingriff sind, in den meisten Fällen von einer umfassenden Aufklärung keine Rede sein kann – allein deshalb nicht, weil ihre Wirkungen im menschlichen Körper nach den geltenden Maßstäben der Impfstoffzulassung bei weitem nicht ausreichend lange erforscht worden sind; deshalb gibt es ja bis heute auch nur Notzulassungen. Auch hat die Regierung kürzlich eine Verordnung erlassen, die zahlreiche Schutzparagraphen des Arzneimittelgesetzes speziell für Covid19-Impfstoffe außer Kraft setzt; zum Beispiel können Corona-Impfstoffe ohne Zulassung in Verkehr gebracht werden; für Stammzellenpräparate (!) werden die besonders hohen Zulassungsschwellen gesenkt; es muss keine Packungsbeilage für Patienten geben und keine Fachinformation für Ärzte. Weniger Aufklärung heißt also die Marschrichtung des Gesetzgebers, Verdunkelung könnte man es auch nennen.
Nicht gerade vertrauenerweckend sind auch die umfangreichen Forschungen, die das US- Verteidigungsministerium in den Bereichen synthetische Biologie und Neurotechnologie betreibt. Besonders viele Mittel für bio- und neurotechnische Experimente steht zum Beispiel seiner Forschungsabteilung DARPA zur Verfügung. Woran DARPA arbeitet, hat die US-Journalistin Whitney Webb minutiös recherchiert: Dort untersucht man unter anderem, wie man durch Gehirn-Implantate, genetische Modifikation und biologische Programmierung Supersoldaten schaffen kann, die keinen Schlaf oder keine regelmäßigen Mahlzeiten mehr brauchen. Auch strebt DARPA im Rahmen ihres Bio-Design-Programms die Herstellung von synthetischen Organismen an (nicht Roboter, lebende Organismen), die unsterblich sind, aber mit einem „Kill Switch“ programmiert werden, mit dem man sie jederzeit „abschalten“ kann.
DARPA hat nebenbei bemerkt auch die mRNA-Forschung von Moderna seit 2013 mit 25 Millionen Dollar großzügig unterstützt. Und schon 2014 erforschte sie, angespornt durch Obamas „Brain Initiative“, die möglichen Funktionen von Graphen im Gehirn. Auch hier ging beziehungsweise geht es nicht nur um Verstehen der Vorgänge im Zentralnervensystem, sondern um deren Steuerung von außen: „Diese Technologie bietet die Möglichkeit, neuronale Funktionen zu regulieren, indem programmierte Strom- oder Lichtimpulse zur vorübergehenden Aktivierung von Neuronen eingesetzt werden.“ Whitney Webb kommt zu diesem Schluss:
„…Die transhumanistische Vision der DARPA für das Militär und die Menschheit stellt eine beispiellose Bedrohung dar, nicht nur für die menschliche Freiheit, sondern eine existenzielle Bedrohung für die menschliche Existenz und die Bausteine der Biologie selbst.“
Interessanterweise werden die totalitären Gefahren der neuen Bio- und Neuro-Technologien in Davos selbst in aller Deutlichkeit benannt. Der Bestseller-Historiker und WEF-Berater Yuval Harari scheute sich nicht, vor versammeltem WEF-Publikum zu sagen, dass die Macht und die Gefährlichkeit, die diese Wissenschaften heute verleihen, selbst die der Gestapo und des KGB weit in den Schatten stellen.
Diese Macht ist laut Harari allerdings nicht per se schlecht. Sie könnte aber in die falschen Hände fallen: „… wenn diese Macht in die Hände eines Stalin des 21. Jahrhunderts fällt, wird das Ergebnis das schlimmste totalitäre Regime der Menschheitsgeschichte sein.“ Glücklicherweise gibt es eine geographische Verteilung von Gut und Böse – das Böse entspringt wie so oft östlich von uns, in Asien: „Stellen Sie sich Nordkorea in zwanzig Jahren vor, wenn jeder ein biometrisches Armband tragen muss, das vierundzwanzig Stunden am Tag den Blutdruck, die Herzfrequenz und die Gehirnaktivität überwacht. Man hört im Radio eine Rede des großen Führers und weiß, was man tatsächlich fühlt. Sie können in die Hände klatschen und lächeln, aber wenn Sie wütend sind, wissen sie, dass Sie morgen im Gulag sitzen werden.“
In einem kleinen Schweizer Dorf mitten in Europa dagegen werden gutmeinende Menschen zu Opfern: „Und wenn wir die Entstehung solcher totalen Überwachungsregime zulassen, glauben Sie nicht, dass die Reichen und Mächtigen an Orten wie Davos sicher sein werden, fragen Sie nur Jeff Bezos.“
Das Weltwirtschaftsforum als Opfer, ein kleiner asiatischer Staat als Täter – deshalb, so schließt Harari, muss die alleinige Verfügung über die neuen Techniken bei einer einzigen global zuständigen Institution liegen – dem Weltwirtschaftsforum. Denn das will uns ausschließlich gesünder und glücklicher machen. Aber selbst wenn das zuträfe – wäre das Ergebnis dann nicht totalitär?
Totalitäre Führer, sagt Hannah Arendt, rechtfertigen ihre Ziele und Taten stets damit, dass sie lediglich Vollstrecker natürlicher beziehungsweise geschichtlicher Gesetzmäßigkeiten seien, die ohnehin geschehen werden: Stalin sah sich als Vollstrecker der unabänderlichen Gesetze der Geschichte und des Klassenkampfs; in deren Namen ließ er ganze Klassen „absterben“, die von der Geschichte ohnehin dazu vorgesehen wären. Die Nationalsozialisten beriefen sich auf Darwins „Survival of the fittest“: Bringt man die minderwertigen Völker und Rassen um, vollstrecke man ja nur den Willen der Natur, in der allein die Stärksten ein Überlebensrecht haben.
Es fällt auf, dass die totalitären Eliten des 20. Jahrhunderts sich berufen fühlten, die Gesetzmäßigkeiten der Natur und der Geschichte zu beschleunigen. Diese Gesetzmäßigkeiten werden, so Arendt, „auf der Stelle vollstreckt, ohne den langsameren und unsichereren Vernichtungsprozess von Natur oder der Geschichte selbst abzuwarten.“ Demnach würde die Natur also ihre eigenen Gesetze nur mit einer gewissen Lahmheit und Holprigkeit zu vollziehen wissen; menschliche Nachhilfe verhelfe ihr zu mehr Rationalität, Tempo und Effizienz.
Bei Klaus Schwab und dem WEF lassen sich ähnliche Tendenzen beobachten: Die Eliten erscheinen auch bei ihnen lediglich als umsichtige Wegbereiter, als Hebammen bei der turbulenten Geburt der vierten industriellen Revolution. Die aber wird uns im Kern nur als die neueste Folge eines selbsttätigen, technik-geschichtlichen Prozesses präsentiert, der über die Menschheit kommt, ob sie es will oder nicht:
„Die großen technologischen Innovationen stehen kurz davor, die Welt grundlegend zu verändern – und zwar unvermeidlich.“ „… wir sind noch nicht darauf vorbereitet, uns mit den Realitäten und Konsequenzen der neuesten Gentechniken auseinanderzusetzen, obwohl sie kommen werden.“
Die nötige Erhabenheit über menschliches Wollen erhält die vierte industrielle Revolution durch ihre Einbettung in eine vermeintliche Technikgeschichte, die vor 10.000 Jahren mit der Agrarrevolution begann, in einer Reihe industrieller Revolutionen ihre Fortsetzung fand und heute in die radikalen Umwälzungen der vierten mündet. Die Revolution mag holprig vonstatten gehen, so Schwab, weil sie Widerstände erzeugt – wie etwa Aufstände infolge von Massenarbeitslosigkeit – , weil es ethische Bedenken gibt, weil Wissenschaftler zu konservativ und Regierungen zu unfähig zur Umsetzung sind. Aber das alles erscheint am Ende nur als zu beseitigendes Geröll am Rande des mitreißenden Stroms neuer Techniken, dem wir uns nicht entziehen können.
Neben der Umgestaltung der menschlichen Natur, die bei Klaus Schwab durchweg als Gewinn für jeden einzelnen erscheint, stellen sich durch die vierte industrielle Revolution noch ein paar für die Bevölkerung unangenehme Nebeneffekte ein: Als unvermeidlich stellt Schwab unter anderem den Jobverlust fast der Hälfte der arbeitenden (US-)Bevölkerung dar, unvermeidlich sei der damit verbundene „bedeutende Niedergang des Lohnanteils am Bruttosozialprodukt“, also weiter wachsende Ungleichheit, und unvermeidlich sei die Prekarisierung der Arbeit durch einen Arbeitsmarkt, auf dem es nur noch „jobs on demand“ geben werde – was für Schwab die erfreuliche Folge hat, dass Arbeitgeber sich nicht mehr mit Angestellten und Regulierungen herumärgern müssen. Wer nicht mitmacht, wird aus der Kurve fliegen, die die technische Entwicklung vorzeichnet; sie übt einen ständigen „darwinistischen Druck“ aus.
Hier und da wird zwar erwähnt, dass „die Technologie keine exogene Kraft (sei), über die wir keine Kontrolle haben“, aber zur Disposition steht für Schwab doch nur, wie sie uns mittels „multistakeholder cooperation“ erzählt wird, um uns zum Mitmachen zu bewegen – nicht, ob wir sie sie mit ihren erklärtermaßen üblen ökonomischen Folgen für die Mehrheit überhaupt wollen. Es geht ihm allein darum, „..positive, gemeinsame und hoffnungsvolle Narrative zu schaffen, die es Einzelpersonen und Gruppen aus allen Teilen der Welt ermöglichen, an den laufenden Veränderungen teilzuhaben und von ihnen zu profitieren“.
Die Stakeholder, das fadenscheinige Surrogat für demokratische Prozesse, sind dazu ausersehen, uns mittels hoffnungsvoller Erzählungen positiv auf unser Schicksal als arbeitslose, verarmte, gentechnisch manipulierte Wesen einzustimmen. Mit anderen Worten: Es wird weh tun, aber verpackt in eine hübsche Erzählung fühlt es sich gar nicht mehr so schlimm an.
Tatsächlich ist dieser Prozess keineswegs seiner Natur nach unvermeidlich: Die Pandemie dient(e) dem Weltwirtschaftsforum erklärtermaßen als „narrow window of opportunity“, um diese Prozesse der „Disruption“ und des radikalen Neubeginns nicht nur zu beschleunigen, sondern mit großem Aufwand an struktureller und physischer Gewalt gegen störrische Gruppen durchzusetzen: Ausnahmegesetze wurden erlassen, die lokale Wirtschaft durch Lockdowns geschädigt, mit Distanzregeln und Sündenbock-Hetze menschliche Beziehungen untergraben, mit Diffamierungen, Zensur und sozialem Ausschluss Andersdenkender wurde der vorhandene Widerstand massiv bekämpft, mit vielfältigen Methoden der Angsterzeugung und mit schlichter Erpressung werden Milliarden Menschen dazu genötigt, gentechnische Eingriffe in ihren Körper zu dulden. Ein Kollateralgewinn der Pandemie waren auch die spektakulären Vermögenszuwächse der ohnehin Superreichen. Auch hier also wird dem geschichtlich angeblich unvermeidlichen Prozess, dem „darwinistischen Druck“ schon mal ordentlich auf die Sprünge geholfen.
Der erwähnte Yuval Harari hilft dabei mit – er macht zwar auf die Gefahren aufmerksam, aber auch darauf, dass es mit uns Menschen und dem Leben, wie wir es kennen, leider ein Ende haben wird:
„Dies wird die größte Revolution in der Biologie seit Beginn des Lebens vor vier Milliarden Jahren sein. Die Wissenschaft ersetzt Evolution durch natürliche Auslese durch Evolution mittels intelligenten Designs. … Die ganze Idee, dass Menschen diese Seele oder diesen Geist haben und dass sie einen freien Willen haben, und niemand weiß, was in mir vorgeht – was ich wähle, ob bei der Wahl oder im Supermarkt, das ist vorbei!“
Vier Milliarden Jahre Geschichte natürlicher Evolution gehen hier und heute zu Ende – denn der Mensch habe nun „gottgleiche Fähigkeiten“. Deutlicher kann man die „Überzeugung von der Allmacht des Menschen“ nicht ausdrücken.
Nein, neue Techniken fallen nicht vom Himmel, und deshalb kann man sie auch zur Hölle schicken. Alle Techniken sind von Menschen erdacht und können von ihnen auch überdacht werden, und es kann im Prinzip politisch in ihre Entwicklung eingegriffen werden – so wie ja unsere Politiker und Weltwirtschaftsweisen auch ständig politisch eingreifen, um bestimmte Techniken zu ignorieren und andere zu fördern und sie für ihre Zwecke zu nutzen.
Wollen wir ernstlich Techniken auf uns – genauer: in uns – angewendet wissen, die nicht nur die Hälfte von uns arbeitslos und überflüssig machen, sondern mit denen erklärtermaßen unser eigenes Wesen vollkommen umgestaltet, also abgeschafft werden soll? Was haben wir davon, komplett kontrollierte Teile einer komplett kontrollierten Welt zu werden? Wer sind wir noch, wenn andere ständig in uns herumregieren? Was soll „ich“ dann eigentlich noch bedeuten?
Es ist das Bestreben der industriellen Produktion, alle ablaufenden Prozesse möglichst kontrollierbar zu machen. Alles Naturwüchsige, Wilde, Verspielte, Zufällige, alles Individuelle und Spontane ist verschwenderisch und ineffizient, stört und verzögert den Ablauf, beeinträchtigt die Konkurrenzfähigkeit, verringert den Profit. Diese für unsere Produktionsweise charakteristische Haltung hat in den Tierfabriken längst auf Lebewesen übergegriffen. Taylorismus und Fordismus waren bereits bestrebt, den „Produktionsfaktor“ Mensch, die „human resources“, im Produktionsprozess so kontrollierbar wie möglich zu machen. Und Sklaverei und Menschenhandel standen an der Wiege des Kapitalismus. Es ist nur ein weiterer Schritt in der Logik dieses Systems, den Menschen selbst und alles andere nützlich erscheinende Leben gezielt produzieren zu wollen, jetzt, wo man glaubt, den Stoff, aus dem alles Lebendige ist, zu beherrschen wie nie zuvor. Der geistige Horizont des betriebswirtschaftlichen Denkens soll nun das Schicksal der Menschheit und des Lebens auf diesem Planeten bestimmen.
Das Ergebnis dieses Strebens, das Hannah Arendt als den Kern des Totalitären erkannt hat, sind „wandelnde Leichname“, wie sie sagt; mit der totalen Kontrolle verschwindet zwangsläufig auch jede Lebendigkeit. Das, was im kapitalistischen Produktionsprozess nur stört, ist aber gerade das, was uns zu unseren größten Freuden und stärksten Gefühlen im Leben verhilft: nämlich das, was wir nicht kennen, nicht erwarten, vorher nie gehört, gesehen, gedacht oder gefühlt haben.
Warum sind wir neugierig, warum wissensdurstig? Warum lachen wir über einen Witz, warum erfreut uns ein plötzlicher Einfall? Warum tanzen Menschen gern? Ist Tanzen effizient oder nützlich? Warum mögen wir Musik und Spiele, warum Geschichten über fremde Menschen und fremde Welten? Warum haben wir so viel Freude an Farben und Formen? Warum mögen wir einige Menschen lieber als andere und am liebsten unsere Kinder?
All das sind Dinge, die wir nicht berechnen können, die „einen neuen Anfang machen“, wie Hannah Arendt immer wieder sagt, die rein gar nichts mit gutem Funktionieren zu tun haben. Im Gegenteil: Wir freuen uns so an ihnen, weil sie für uns keinen Zweck und keinen ökonomischen Sinn haben. Nur mit freier Zeit, freier Bewegung, freiem Spiel, freiem Denken und Fühlen sind wir lebendige Menschen.