Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei einem Fototermin zum NATO-Gipfel in Watford nahe London neben dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan am 4. Dezember 2019.
Die britische Zeitung Financial Times veröffentlichte auf der Website des Blattes am Montag einen Artikel, in dem Präsident Macron vorgeworfen worden war, die Muslime in Frankreich "aus wahltaktischen Gründen" auszugrenzen. Gegen diesen Meinungsbeitrag der Financial Times wehrte sich Macron mit einem offenen Brief, der am 4. November auf der Webseite der Zeitung veröffentlicht wurde. Macron betonte, dass seine Äußerungen in dem Artikel verzerrt worden seien. Er würde nicht zulassen, dass jemand den französischen Staat beschuldige, "den Rassismus gegenüber Muslimen zu fördern". Der besagte Artikel wurde später angesichts von Macrons Einwänden dagegen von der Webseite der Zeitung entfernt.
Die Kolumne zitierte mich falsch und ersetzte den 'islamischen Separatismus' – ein Begriff, den ich nie verwendet habe – durch 'islamistischen Separatismus', der in meinem Land Realität ist. Sie warf mir vor, französische Muslime zu Wahlzwecken zu stigmatisieren und ein Klima der Angst und des Misstrauens gegenüber ihnen zu schaffen", erklärte Macron in seinem offenen Brief.
Frankreich kämpfe gegen den "islamistischen Separatismus", niemals gegen den "Islam", schrieb Macron in einem am Mittwochabend veröffentlichten offenen Brief.
Wenn Sie mir nicht glauben, lesen Sie die mit Hass aufgeladenen Beiträge in Sozialen Medien, die im Namen eines 'verzerrten Islam' geteilt werden, der zu Patys Tod führte. Besuchen Sie die Bezirke, in denen kleine Mädchen im Alter von drei oder vier Jahren einen Vollschleier tragen, getrennt von Jungen und in sehr jungem Alter vom Rest der Gesellschaft getrennt sind und im Hass auf Frankreichs Werte aufgewachsen sind", ergänzte der französische Präsident.
Nachdem die französische Regierung angekündigt hatte, härter gegen den Islamismus vorzugehen und an der "Meinungsfreiheit" festzuhalten, auch Karikaturen des islamischen Propheten Mohammed zu zeigen, entbrannten in der islamischen Welt große Proteste gegen Macron. Mit den jüngsten Äußerungen Macrons – nach dem mutmaßlich islamistisch motivierten Mordanschlag auf den Lehrer Samuel Paty – spalteten sich auch die Meinungen der politischen Führungen auf der Welt über die tolerierbaren Grenzen der Meinungsfreiheit. Während Kanadas Premierminister Justin Trudeau und Russlands Präsident Wladimir Putin die Verletzung der Gefühle von Gläubigen unter dem Deckmantel der Redefreiheit verurteilten, unterstützten europäische Partner von Präsident Macron dessen Einstellung zur Meinungsfreiheit.