Die internationale Ermittlungsgruppe JIT präsentiert die Ergebnisse ihrer Untersuchung zum Abschuss von MH17 und hat mittlerweile dargelegt, wer ihren Ermittlungen nach für den Abschuss des malaysischen Maschine verantwortlich sei: Ost-ukrainische Rebellen mit einem BUK-System, das aus Russland geliefert wurde.
Die Ermittlungsgruppe hat bei der Untersuchung aktiv die Daten aus den Sozialnetzen verwendet, etwa eine halbe Million Videos analysiert, ungefähr 3.500 Telefongespräche bearbeitet, über 200 Aufenzeugen befragt, so der niederländische Staatsanwalt Fred Westerbeke.
Der gesamten Ergebnisse der Ermittlungen werden zunächst nicht veröffentlicht, um den Einfluss auf den Untersuchungsvorgang zu vermeiden, betonte Westerbeke weiter. Über die Schuldigen wird endgültig ein Gericht entscheiden, aber die Ermittlung habe sehr sorgfältig die vorliegenden Beweise behandelt.
Zwei Szenarien des Unfalls wurden ausgeschlossen – eine Panne oder ein Terrorangriff. Die Untersuchung analysierte zwei weitere mögliche Szenarien – einen Angriff vom Boden oder aus der Luft.
Die Attacke aus der Luft wurde durch die Radardaten der Ukraine und Russlands. ausgeschlossen. Auch die russischen Rohradardaten bestätigten, dass sich keine Flugzeuge neben der Boeing befunden hatten.
Abschusswaffe
Man analysierte abgefangene Telefongespräche vom 16. und 17. Juli, in denen gesagt wird, dass ein Buk-System auf das von den Milizen kontrollierte Territorium transportiert wurde. Nach dem Abschuss sei das System zurück nach Russland gebracht worden, so JIT.
Die Ermittler untersuchten alle Überreste der Opfer und Wrackteile und fanden dabei Fraktionen einer Buk-Rakete vom Typ 9M38. Sie führten ein Material-Experiment durch, um zu erfahren, wie derartige Raketen zerspringen.
Es gibt laut JIT zahlreiche Beweise dafür, dass die Rakete aus dem Gebiet um Snizhne abgeschossen wurde. Zusätzliche Beweise haben die USA und die Internationale Weltraumorganisation (ESA) bereitgestellt.
Die JIT kam zum Schluss, dass die Rakete von Zaroshchenske aus nicht gestartet werden konnte. Dabei stützte man sich auf abgefangene Telefongespräche und Zeugenaussagen. Sie prüfte zusätzlich die Gegend und fand keine Abschussspuren. Es wurde bemerkt, dass auch dieses Territorium von Volksmilizen kontroliert worden war.
Das Flugabewehrraketensystem Buk wurde in den Ort aus Russland gebracht. Der Konvoi sei in Donezk und auf den Straßen unweit der Stadt bemerkt worden.
Das Buk-System wurde mit einem weißen Volvo-LKW transportiert, was die JIT mit Fotos belegt. In Snizhne wurde es abgeladen. Wie das Buk sich ohne Volvo bewegt, lässt sich auf dem Video sehen. Nach dem Raketenstart wurde es wieder auf den Volvo-Transporter gestellt, der nach Krasnij Lutsch, Debalzewe und Lugansk fuhr. Nachdem das Buk in Luhansk angekommen war, kehrte es wieder nach Russland zurück und überquerte erfolgreich die Staatsgrenze, was auch mit abgehörten Telefonaten nachgewiesen werden kann.
Der Abschussort wurde durch Aussagen der Zeugen, die den Raketenstart gehört und die Auspuffschleife gesehen hatten, und Fotoaufnahmen bestimmt, auf denen die Folgen des Starts zu sehen sind. Drei autentische Fotos auf einmal weisen auf den genauen Abschussort bei Snizhne hin.
Das Telefon einer der Rebellen, dessen Gespräche abgefangen und analysiert wurden, war unweit des Telefonfunkturms in der Siedlung Perwomaiskoje.
Die Behauptung des russischen Verteidigungsministeriums, dass die Boeing von einer anderen Seite abgeschossen wurde, seien unkorrekt.
Ob die Beweise triftig sind, wird ein Gericht entscheiden, betonte Westerbeke nochmals.
Täter
In den Flugzeugabsturz waren etwa 100 Personen involviert, sagte der niederländische Staatsanwalt. Genauer wurden sie nicht beschrieben, um den Ermittlungsprozess nicht zu stören. Zurzeit geht es um Verdächtige und nicht um Beschuldigte, denn es ist bislang unklar, ob die Buk-Besatzung selbständig oder auf Befehl gehandelt hat.
Die JIT weiß nicht genau, ob die Boeing absichtlich oder zufällig abgeschossen wurde. Aber in den analysierten Telefonaten nach der katastrofe war Erstaunen zu spüren.
Obwohl die Ermittlung stark vorangeschritten ist, wurde sie bis 2018 verlängert.
Auf die Frage, warum die Ermittlung so viel Zeit in Anspruch nimmt, antwortete Westerbeke, dass die JIT „gerade die Informationen veröffentlicht hat, mit denen alle einverstanden sind, nur dies allein“. Es gäbe noch mehr Material, das weiter bearbeitet werden muss. Und die JIT verfüge über nötige Informationen, um die Eregnisse zu rekonstruieren.
Westerbeke zufolge behaupte man die Schuld Russlands als Staates oder konkreter Menschen nicht.
Es ist noch früh von dem Gericht zu sprechen, das die Sache verhandeln wird.
Die Angaben, die das russische Verteidigungsministerium Anfang der Woche präsentiert hat, liegen der JIT noch nicht vor. Die Daten von dem Buk-Hersteller Almas-Antej wurden nicht erwähnt, weil die JIT sie erst vor kurzem bekommen hat und sie aufmerksam analysieren muss. Aber die Qualität von anderen Beweisen lässt sagen, dass die Schlüsse der JIT überzeugend sind.
Die JIT hatte an Russland einige Anfragen geschickt, nicht alle davon wurden beantwortet. Z.B. die Rohradardaten wurden der JIT immer noch nicht übergeben.
Die USA haben den Ermittlern einige Dokumente bereitgestellt, die man vor Gericht benutzen kann. Das waren auch Angaben von der US-Abwehr.
Warum die Ukraine den Luftraum über Donezk nicht gesperrt hat, kommentierte die JIT nicht, weil es kein Gegenstand ihrer Ermittlung war.
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