(Archivfoto) Illegale Migranten machen sich hier in der Nähe der bosnischen Stadt Bihać auf den Weg, durch Wälder die sogenannte "grüne" Grenze zu Kroatien zu überqueren.
In Bosnien-Herzegowina ist die Zahl der Neuerkrankten an COVID-19 in den letzten Wochen zurückgegangen. Dementsprechend haben Behörden Anfang Mai damit begonnen, die verhängten Maßnahmen wie etwa Ausgangssperren zu lockern. Auch die Grenzen sollen für ausländische Staatsbürger ab 1. Juni wieder öffnen. Im gesamten Land wurden bislang insgesamt 2.338 Menschen positiv auf das Corona-Virus getestet, 136 Menschen starben.
Das Thema Coronavirus wird nun von einem anderen Thema überlagert – illegale Migration. So warnte der Direktor der bosnisch-herzegowinischen Grenzpolizei, Zoran Galić, dass mit der Aufhebung einiger Beschränkungen, die im Zuge der Pandemie verhängt wurden, der Druck der Migranten entlang der Grenze zugenommen habe. So habe die Grenzpolizei allein am Montag im Gebiet der nordöstlichen Stadt Zvornik innerhalb von 24 Stunden 91 illegale Migranten davon abgehalten, aus Serbien ins Land einzureisen.
Warnung vor einer "zweiten Welle" der illegalen Grenzübertritte
Bereits vor einigen Tagen warnte der Sicherheitsminister des Landes, Fahrudin Radončić, vor einer "zweiten Welle" der illegalen Grenzübertritte. Er betonte nochmals, dass er sich für einen "sehr energischen Ansatz" in der Bekämpfung der illegalen Migration einsetzt: Menschen entmutigen, nach Bosnien-Herzegowina zu kommen, sie an der Weiterreise hindern und legal in ihr Heimatland zurückführen.
Weil man die Identität der Personen nicht kennt, seien sie laut Radončić eine riesige Sicherheitsgefährdung für das Land, aber auch für die EU. Zudem seien sie auch eine enorme wirtschaftliche Belastung für Bosnien-Herzegowina, die das Land nicht stemmen könne.
Erst kürzlich sorgte ein Plan von Radončić für innenpolitischen Streit. Der Sicherheitsminister wollte mit Unterstützung der pakistanischen Botschaft in Sarajevo die Identität von Tausenden illegalen Migranten im Land, die demnach aus Pakistan stammten, feststellen lassen und sie in ihr Heimatland abschieben. Doch der Botschafter soll ihm die Hilfe verweigert haben, weshalb Radončić dann ins Gespräch brachte, diesen Diplomaten zur persona non grata zu erklären. Der Vertreter der Muslime im dreiköpfigen Staatspräsidium Bosnien-Herzegowinas, in dem alle drei Volksgruppen (Serben, Bosniaken und Kroaten) je ein Mitglied stellen, schlug sich jedoch auf die Seite des pakistanischen Diplomaten und vereitelte das Vorhaben des Sicherheitsministers.
Vorwurf: Bosnischer Botschafter soll Einreisevisa für pakistanische Bürger gefälscht haben
Doch die Geschichte war damit nicht vom Tisch. Wenige Tage später warf Milorad Dodik, der Vertreter der Serben in diesem dreiköpfigen Staatspräsidium, dem Botschafter Bosnien-Herzegowinas in Islamabad vor, für etwa 3.000 pakistanische Bürger gefälschte Visa zur Einreise nach Bosnien-Herzegowina ausgestellt zu haben. Die seien dann in das Westbalkan-Land eingereist und stellten nun ein Sicherheitsrisiko dar, erklärte der Politiker in einer Fernsehsendung. Das soll demnach bei einem internen Treffen mit dem Sicherheitsministerium bekannt geworden sein.
Im Land sollen sich derzeit schätzungsweise 10.000 illegale Migranten aufhalten. Mehrheitlich sollen sie aus Pakistan stammen. Dodik wiederholte nochmals, dass er als Vertreter der Serben es weiterhin verhindern werde, dass auf dem Territorium von Republika Srpska, einem Landesteil mit mehrheitlich serbischer Bevölkerung, Migrantenzentren eröffnet werden. "Sie können hier durchlaufen, bekommen ein Sandwich und Wasser, aber bleiben können sie hier nicht", erklärte der Politiker.
Seit Jahren ist Bosnien-Herzegowina zu einem Transitland der illegalen Migranten auf dem Weg in die EU geworden. Seitdem Ungarn seine Grenzen streng bewacht, verläuft nun die sogenannte Balkanroute von Serbien über Bosnien-Herzegowina und dann weiter nach Kroatien. Da inzwischen aber auch die kroatischen Grenzen mit Unterstützung der EU-Agentur für die Grenz- und Küstenwache Frontex strenger bewacht werden, befürchten viele, dass die zahlreichen illegal ins Land Eingereisten in Bosnien-Herzegowina bleiben könnten. Doch das Land mit etwa 3,6 Millionen Einwohnern kämpft selbst mit Armut und hoher Arbeitslosigkeit.