Im Konflikt um das brüchige Atomabkommen mit dem Iran haben Deutschland, Frankreich und Großbritannien eine Schlichtung zur Rettung des Deals eingeleitet – so wird wenigstens die neue diplomatische Initiative von ihren Urhebern genannt. Man könne die zunehmenden Vertragsverletzungen seitens der Islamischen Republik nicht länger unbeantwortet lassen, sagte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) am Dienstag zur Begründung. Zentrales Ziel bleibe, "dass der Iran niemals Kernwaffen entwickelt." Angestoßen wird nun ein Verhandlungsprozess innerhalb einer Kommission, deren Aufsicht der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell führt.
Als Reaktion auf die zunehmenden iranischen Verletzungen Deutschland, Großbritannien und Frankreich initiierten heute den #JCPoA-Streitschlichtungsmechanismus. Was das bedeutet: https://t.co/Xj8Q31JLlx
— Auswärtiges Amt (@AuswaertigesAmt) 14. Januar 2020
Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif bezeichnete die Entscheidung der Europäer als "strategischen Fehler". Die Europäer sollten lieber ihren Verpflichtungen aus dem Wiener Atomabkommen nachkommen, statt Strafaktionen zu unternehmen, habe Sarif laut der amtlichen iranischen Nachrichtenagentur IRNA bei einem Treffen mit dem Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Niels Annen, in Neu-Delhi gesagt.
Hintergrund der Schlichtung ist, dass sich der Iran schrittweise von den Vertragsauflagen entfernt hat – als Reaktion auf die einseitige Kündigung durch die USA, wobei der Iran im Einklang mit dem eigens für solche Fälle vorgesehenen Artikel 36 des Abkommens handelte. Präsident Donald Trump will erreichen, dass auch die übrigen Vertragspartner den 2015 geschlossenen Deal beerdigen und wie Amerika scharfe Sanktionen verhängen – das sind neben den drei EU-Staaten noch China und Russland.
Das als historisch gefeierte Abkommen soll den Iran, dessen oberste Führung islamische Geistliche stellen, an der Entwicklung von Atomwaffen hindern. Es gesteht ihm aber die zivile Nutzung der Kernenergie zu. Im Gegenzug sollen Wirtschaftssanktionen gegen den Iran fallen.
Der EU-Außenbeauftragte Borrell forderte den guten Willen aller Seiten bei der Schlichtung. Die Rettung des Vertrags sei wichtiger denn je, erklärte er. Ziel sei es nicht, erneut Sanktionen zu verhängen.
Die Außenpolitikerin der Linken, Sevim Dağdelen, erklärte hingegen, der Start der Schlichtung sei de facto der "Todesstoß" für das Abkommen. Die Bundesregierung gebe damit zusammen mit Paris und London "feige dem Druck von US-Präsident Donald Trump nach und stelle sich hinter den Konfrontationskurs Washingtons". Ähnlich äußerte sich der iranische Außenamtssprecher Abbas Mussawi. Der "passive Schritt" sei ein Zeichen von Schwäche gegenüber den USA, sagte er.
The Russian MFA reacted to the use of Dispute Resolution Mechanism under #JCPOA by France, Germany and UK: this step causes deep disappointment and serious concern. We see no reason for this action.
— Mikhail Ulyanov (@Amb_Ulyanov) 14. Januar 2020
Die US-Regierung unterstütze "voll" die Entscheidung von Deutschland, Frankreich und Großbritannien, ein Schlichtungsverfahren einzuleiten, erklärte am Dienstag das Außenministerium in Washington. Zusätzlicher "diplomatischer und wirtschaftlicher Druck" auf Teheran sei gerechtfertigt.
In Russland stieß der EU-Vorstoß auf Kritik. "Dieser Schritt ruft große Enttäuschung und ernsthafte Besorgnis hervor. Wir sehen keinen Grund für diese Maßnahme", schrieb Michail Uljanow, der Ständige Vertreter Russlands bei den Internationalen Organisationen, auf Twitter.
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/(dpa/rt deutsch)
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